Vom dicken Bauch zum Herzinfarkt


Susanne Heinzl, Stuttgart

Berichte vom ACC.06, Atlanta, 11. bis 14. März 2006

Die 55. Jahrestagung des American College of Cardiology vom 11. bis 14. März 2006 in Atlanta war traditionsgemäß Forum für die erstmalige Präsentation von Ergebnissen großangelegter Studien in der Kardiologie. In dieser Ausgabe berichten wir über sieben Studien – eine winzige Auswahl aus dem riesigen Programmangebot für die rund 30 000 Kongressteilnehmer.

Die Ein-Jahres-Daten des Reach-Programms (Seite 172) zeigen, dass kardiovaskuläre Ereignisse bei Patienten mit Risikofaktoren häufiger sind, als bisher vermutet, insbesondere ist immer daran zu denken, dass ein Koronarkranker eventuell auch im zentralen und im peripheren Gefäßbett betroffen sein kann und umgekehrt. Auch der Risikofaktor viszerale Adipositas ist weiter verbreitet als gedacht. Er ist unabhängig von Alter und vom Körpermassenindex mit dem kardiovaskulären Risiko verknüpft. Die Messung des Taillenumfangs ist eine einfache Methode zur Erkennung, wie das IDEA-Programm gezeigt hat (Seite 173).

Sind nun die Risikopatienten erkannt, erhebt sich die Frage, wie sie betreut werden können, um kardiovaskuläre Ereignisse zu verhindern. Die Senkung erhöhter Homocystein-Spiegel erwies sich erneut als nicht wirksam für die Senkung der kardiovaskulären Ereignisrate. Die HOPE-2-Studie (Seite 171) zeigte dies eindeutig. Anders sieht es mit der Zielgröße Fettstoffwechsel aus: eine intensive LDL-Cholesterol-Konzentrationssenkung und HDL-Cholesterol-Konzentrationserhöhung kann sogar zu einer Regression der Atherosklerose führen. Gezeigt wurde dies in der offenen ASTEROID mit Hilfe der intravaskulären Ultraschalluntersuchung (Seite 170).

Profitieren Patienten mit erhöhtem kardiovaskulärem Risiko von einer Doppelstrategie aus Acetylsalicylsäure plus Clopidogrel? Das Ergebnis der CHARISMA-Studie (Seite 168) hierzu ist eindeutig: Nein, sie profitieren nicht.

Und wenn ein Ereignis eingetreten ist, wie der STEMI, der Myokardinfarkt mit ST-Streckenhebung – welche antithrombotische Strategie ist besser: Unfraktioniertes Heparin, niedermolekulares Heparin oder Fondaparinux?

Die EXTRACT-TIMI-25-Studie (Seite 165) zeigte, dass bei solchen Patienten mit STEMI, die sich einer Fibrinolyse unterziehen, eine achttägige Enoxaparin-Therapie im Nettonutzen Vorteile im Vergleich zu einer Therapie mit unfraktioniertem Heparin über 48 h hat. Und die OASIS-6-Studie (Seite 167) kam zu dem Ergebnis, dass eine achttägige Behandlung mit Fondaparinux besser ist, als eine 48-stündige Therapie mit unfraktioniertem Heparin oder Plazebo – allerdings nicht bei Patienten, die sich einer perkutanen Intervention unterziehen.

Diese weltgrößten Medizinkongresse wie der ACC.06 sind von einem hochprofessionellen Zusammenspiel von Wissenschaft, der Industrie als Geldgeber und Medienkonzernen gekennzeichnet. Die Grenzen zwischen den einzelnen Bereichen verwischen sich immer mehr. So setzt sich zunehmend auch die gleichzeitige Publikation der auf dem Kongress erstmals vorgestellten Daten in hochrangigen Zeitschriften wie dem New England Journal of Medicine oder dem JAMA durch, die dann online ab dem Zeitpunkt der Kongresspräsentation zur Verfügung steht. Der „virtuelle“ Kongress rückt damit immer näher!

Man gibt sich zwar offiziell „zurückhaltend“. So dürfen in der Industrieausstellung keine Tüten für das Einsammeln von Papier oder Geschenken verteilt werden. Die Auflagen für die Akkreditierung von Journalisten sind streng. Dennoch ist der allgegenwärtige Einfluss der pharmazeutischen und Geräteindustrie nicht zu übersehen – kein Zweifel: ohne dieses Geld geht nichts (mehr).

Liebe Leserin, lieber Leser, dieser Artikel ist nur für Abonnenten der AMT zugänglich.

Sie haben noch keine Zugangsdaten, sind aber AMT-Abonnent?

Registrieren Sie sich jetzt:
Nach erfolgreicher Registrierung können Sie sich mit Ihrer E-Mail Adresse und Ihrem gewählten Passwort anmelden.

Jetzt registrieren