Susanne Heinzl
Kein Mensch arbeitet fehlerfrei. Von der Berufsgruppe der Ärzte wird aber erwartet, dass sie ohne „Fehl und Tadel“ funktioniert. Dass das nicht funktioniert, ist bekannt und ist normal. Probleme durch Fehler entstehen sehr oft durch mangelnde Kommunikation. So berichtete C. Kremer, Rechtsanwalt aus Frankfurt/Main, im Rahmen eines Symposiums beim 17. Symposium Intensivmedizin und Intensivpflege Mitte Februar in Bremen, dass viele seiner Klienten gar nicht zu ihm gekommen wären, wenn mit ihnen gesprochen worden wäre, wenn ihnen bloß die Wahrheit gesagt worden wäre. Bei durch medizinische Maßnahmen Geschädigten scheint es der Regelfall zu sein, dass nicht kommuniziert wird.
Für das Schweigen der Ärzte gibt es jedoch keine rechtlichen Gründe. Falsch ist die weit verbreitete Meinung, dass der Behandler durch Offenheit gegenüber dem Patienten seinen Haftpflichtschutz gefährdet. Das Risiko, schadensersatzpflichtig zu werden, ist nach den Ausführungen von C. Kremer äußerst gering. Seiner Meinung nach besteht für den Behandler keinerlei Risiko durch die Offenbarung eigener Unzulänglichkeiten.
Wahrhaftigkeit ist, so Pfarrer Lohse, Bremen, die Grundlage für eine gute Beziehung, gerade auch zwischen Arzt und Patient. Patienten spüren sofort die Störung in der Beziehung, wenn etwas Falsches kommuniziert wird. Die hohe Erwartungshaltung an Perfektion und der Anspruch der Vollkommenheit an den Arzt erfordert unabdingbar eine offene Kommunikation. Die Unvollkommenheit ist eine Eigenschaft aller Menschen, hieran sollte man sich orientieren. Arzt und Patienten müssen die Unvollkommenheit akzeptieren.
Kann man im Krankenhaus offen über Fehler sprechen, fragte Dr. Manuela Bartosek-Walser, Wien. Ihre klare Antwort: „Nein“. 76 % der Ärzte wollen nicht über Fehler sprechen, 71 % haben Angst vor Klagen, 68 % haben Angst vor der Erwartungshaltung der Gesellschaft. Dass Mediziner keine Fehler machen dürfen, ist nach ihrer Ansicht gesellschaftspolitisch unfair. Denn Fehler sind normal und passieren jeden Tag. Fehler bieten Lernchancen für den, der den Fehler begeht, und für alle, die davon erfahren. Dr. Bartosek-Walser empfahl, eine Fehlerkultur zu etablieren, die es ermöglicht, offen über Fehler zu sprechen. Die Fehlerkultur ermöglicht die Suche nach den Ursachen, nicht nach dem Schuldigen. Die Verantwortung für die Fehlerkultur liegt bei der Führungskraft; es beginnt damit, dass die Führungskraft über eigene Fehler spricht und damit Vertrauen schafft. Der Boden für eine gute Fehlerkultur muss durch gute Kommunikation und gegenseitige Wertschätzung im Team aufbereitet werden. Zur verbesserten Kommunikation gab Dr. Bartosek-Walser [www.ecomotion.at] unter anderem folgende Tipps:
- Sprich einfach – verwende kurze Wörter, artikuliere einfache Gedanken und frage einfache Fragen!
- Ganz allgemein: Formulieren ist gut, ausführlicher formulieren ist besser!
- In mehrsprachigen Situationen: Die Muttersprache ist für die Kommunikation unter hoher Arbeitsbelastung effektiver!
- Wird eine Aufgabe schweigend ausgeführt und gleichzeitig gesprochen: Versuche zu gewährleisten, dass die Aufgabe so weit als möglich ausgeführt und erst dann gesprochen wird!
- Pflegepersonen sollten mehr so wie Ärzte sprechen (also prägnant), und Ärzte sollten mehr so wie Pflegepersonen zuhören (also aufmerksam)!
Unser Beitrag zur Fehlerkultur: In einer der nächsten Ausgaben der Arzneimitteltherapie beginnt eine Serie zu PASOS, einem Ereignis-Meldesystem.
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