Tumortherapie – Neuheiten 2007


Dr. Annemarie Musch,Stuttgart

Arzneistoffe zur Behandlung verschiedener Tumorerkrankungen, die 2007 in Deutschland zugelassen wurden

Arzneistoff,
Handelsname

Indikation

Lenalidomid,
Revlimid®

Multiples Myelom*

Nelarabin,
Atriance®

Akute lymphoblastische T-Zell-Leukämie, lymphoblastisches T-Zell-Lymphom*

Nilotinib,
Tasigna®

Philadelphia-Chromosom-positive chronische myeloische Leukämie*

Panitumumab,
Vectibix®

Metastasiertes Kolorektalkarzinom*

Temsirolimus,
Torisel®

Fortgeschrittenes Nierenzellkarzinom*

Trabectedin,
Yondelis®

Fortgeschrittenes Weichteilsarkom*

* Vollständige Indikation siehe Fachinformation

Im vergangenen Jahr wurden mehr als 30 Medikamente mit neuen Wirkstoffen in Deutschland zugelassen, wie aus einer Meldung des Verbands Forschender Arzneimittelhersteller e.V. vom Dezember 2007 hervorgeht. Dadurch konnten wesentliche Fortschritte auch in der Behandlung verschiedener Tumorerkrankungen erreicht werden (siehe Tabelle).

In diesem Schwerpunktheft „Onkologie“ der ARZNEIMITTELTHERAPIE informieren wir Sie ausführlich über eine Auswahl der im letzten Jahr zugelassenen Tumortherapeutika wie Lenalidomid (S. 42 ff.), Panitumumab (S. 77) und Trabectedin (S. 79) und geben Ihnen einen Einblick in die klinische Entwicklung neuer Medikamente zur Therapie maligner Lymphome (S. 73). Von besonderem Interesse bei dieser Auswahl sind neuartige Wirkungsprinzipien und die Überwindung von Resistenzmechanismen.

Die Entwicklung zielgerichteter Tumortherapeutika ist als sehr fortschrittlich zu beurteilen. Beispielhaft können hier die Therapien mit Imatinib bei chronischer myeloischer Leukämie und gastrointestinalen Stromatumoren, mit Rituximab bei B-Zell-Lymphomen und mit Tyrosinkinase-Hemmern beim Nierenzellkarzinom genannt werden. Die zielgerichtete Therapie ist aufgrund der verbesserten Antitumorwirkung bei gleichzeitig reduzierter Toxizität verglichen mit der zytostatischen Chemotherapie viel versprechend. Allerdings sind der verbesserten Antitumorwirkung auch Grenzen gesetzt. Problematisch ist u. a. die Resistenzentwicklung. Die Verfügbarkeit von Nachfolgesubstanzen wie Dasatinib oder Nilotinib bei Imatinib-Resistenz ist daher von besonderer Bedeutung. Möglicherweise ist in Zukunft auch eine Kombination verschiedener gezielt angreifender Wirkstoffe oder die Kombination mit neuen Substanzklassen wie den Aurorakinase-Hemmern angezeigt, um die Antitumorwirkung zu verbessern und möglichen Resistenzen vorzubeugen.

Beim Stichwort Kombination sei an dieser Stelle aber auch auf das Interaktionspotenzial der so genannten small molecules wie Dasatinib oder Sorafenib hingewiesen, auf das in einem Übersichtsbeitrag in diesem Heft ausführlich eingegangen wird (siehe S. 51 ff.).

Im Fall der Tyrosinkinase-Hemmer kann es außerdem – beispielsweise durch die Hemmung der Tyrosinkinase-Aktivität auch in gesunden Zellen – zu unerwarteter Toxizität kommen. Nach Chu et al. [Lancet 2007;370:2011–9] liegt darin vermutlich die Ursache für die Kardiotoxizität des Multikinase-Hemmers Sunitinib. Die veröffentlichten Daten dieser retrospektiven Analyse zur Kardiotoxizität von Sunitinib stammen von 75 Patienten mit gastrointestinalen Stromatumoren, die in einer Phase-I/II-Studie mit Sunitinib behandelt wurden. Es zeigte sich, dass bei 36 Patienten, die Sunitinib über mehrere Zyklen in der zugelassenen Dosierung erhielten, die linksventrikuläre Auswurffraktion im Lauf der Behandlung signifikant sank (p = 0,007). 47 % aller eingeschlossenen Patienten entwickelten eine Hypertonie. Chu et al. beschreiben die Kardiotoxizität als beherrschbar.

In weiteren Studien sollten die Mechanismen, die zu einer Kardiotoxizität führen, untersucht und die Risikofaktoren, die eine solche unerwünschte Wirkung begünstigen, identifiziert werden. Außerdem gilt es herauszufinden, wie der Kardiotoxizität vorgebeugt und wie sie bestmöglich behandelt werden kann.

Eine sorgfältig durchgeführte Post-Marketing-Surveillance ist unbedingt erforderlich, um das Potenzial dieser wertvollen Therapeutika optimal nutzen zu können und so die zielgerichtete Therapie auch wirklich gezielt einsetzen zu können.

Ein weiterer wichtiger Aspekt dieser individualisierten Therapie ist die Kenntnis von Faktoren, die für einen Therapieerfolg stehen, wie die Charakterisierung von Subgruppen, die besonders von einer Therapie profitieren. Dies hat im Fall von Panitumumab – um ein aktuelles Beispiel zu nennen – dazu geführt, dass die Zulassung allein für eine bestimmte Patientensubgruppe erfolgte.

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