EditorialDr. med. Peter Stiefelhagen, Hachenburg

Neue Antithrombotika – das Bessere ist der Feind des Guten

ÜbersichtJörn P. Sieb, Stralsund

Restless Legs: Aktuelles zu Ursachen und Therapie

In Deutschland leidet etwa 1% der Bevölkerung an einem therapiebedürftigen Restless-Legs-Syndrom (RLS). Inzwischen sind neben Levodopa/Benserazid drei Ergolin-Dopaminagonisten für die Therapie des RLS zugelassen. Hauptproblem der dopaminergen Therapie ist das Auftreten einer Augmentation, das heißt einer anhaltenden Verschlechterung der Symptomatik unter der Therapie, wobei eine Erhöhung der Dosierung zu einer Intensivierung der Symptomatik führt (paradoxe Therapieantwort). Immerhin bei 60% der mit Levodopa behandelten Patienten soll es innerhalb von sechs Monaten zu einer Augmentation kommen. Bei einer Therapie mit Dopaminagonisten wird eine Augmentation seltener beobachtet. Dopaminagonisten werden beim RLS in einer deutlich geringeren Dosierung eingesetzt als in der Behandlung der Parkinson-Krankheit. Trotzdem sind auch in diesem Dosisbereich erhebliche unerwünschte Arzneimittelwirkungen möglich, beispielsweise Impulskontrollstörungen. Bei einem erheblichen Teil der RLS-Patienten besteht die Notwendigkeit zu einer nichtdopaminergen Therapie, wobei insbesondere Opioide eingesetzt werden.
Arzneimitteltherapie 2010;28:77–82.

FlaggeEnglish abstract

Restless legs: Recent advances in basic research and therapy

In Germany approximately one percent of the population suffers from clinically relevant restless legs syndrome (RLS). Three non-ergoline dopamine agonists and levodopa/benserazide are now specifically licensed for RLS in Germany. Augmentation is the main complication of long-term dopaminergic treatment of RLS. Augmentation is defined as a paradoxical worsening of the symptoms during long-term dopaminergic treatment with increasing dose. According to a recent study this occurs in up to 60% of RLS patients during the first 6 months of treatment. Augmentation emerges less frequently during dopamine agonist treatment. The dopamine agonist doses required for the treatment of RLS patients is far below the dose range in Parkinson therapy. However, severe complications of dopamine agonist treatment can occur even in this dose range, like compulsive behaviours. A considerable number of RLS patients needs non-dopaminergic treatment for RLS. Most of them receive opioids as one of the second-line options in RLS therapy.

Key words: Augmentation, dopaminergic treatment, genetics, iron, opioids


ÜbersichtNorbert Gattermann, Düsseldorf

Arzneimitteltherapie myelodysplastischer Syndrome

Myelodysplastische Syndrome (MDS) sind von einer pluripotenten hämatopoetischen Stammzelle ausgehende klonale Knochenmarkserkrankungen. Bislang gibt es keine Medikamente, die eine Heilung myelodysplastischer Syndrome ermöglichen – dies vermag nur die allogene Transplantation hämatopoetischer Stammzellen, wofür die meisten Patienten mit MDS jedoch nicht infrage kommen. In der Vergangenheit beschränkte sich die Behandlung daher hauptsächlich auf supportive Maßnahmen, das heißt Transfusion von Erythrozyten- und/oder Thrombozytenkonzentraten sowie Einsatz von Antibiotika bei Infektionen. Inzwischen gibt es jedoch mehrere Substanzen, die sich bei MDS günstig auf die Produktion reifer Blutzellen auswirken: hämatopoetische Wachstumsfaktoren, Immunsuppressiva und -modulatoren, Chemotherapeutika und epigenetisch wirksame Therapeutika.
Arzneimitteltherapie 2010;28:85–95.

FlaggeEnglish abstract

Pharmacotherapy of myelodysplastic syndromes

Myelodysplastic syndromes (MDS) are clonal bone marrow disorders arising from a pluripotent hematopoietic stem cell. At the stem cell level, the dominant MDS clone has an abnormal growth advantage that leads to displacement of normal hematopoiesis. The progeny of MDS stem cells, though, are characterized by various degrees of disturbed maturation, dysplastic morphology, functional defects, and increased rate of apoptosis, causing ineffective hematopoiesis. Therefore, patients suffer from anemia, neutropenia, and thrombocytopenia. About 15% of MDS patients develop acute myeloid leukemia. Chromosomal aberrations, point mutations, haploinsufficiency, epigenetic changes, and altered responses to cytokines, the immune system and bone marrow stroma contribute to the MDS disease phenotype, but the initiating mutation or molecular pathway is unknown.

Up to now, myelodysplastic syndromes cannot be cured with drugs. Allogeneic stem cell transplantation is the only therapeutic option that is potentially curative. However, due to advanced age and comorbidities, most MDS patients are not eligible for allogeneic SCT. In the past, treatment of MDS was generally restricted to best supportive care, including erythrocyte and platelet transfusions and antibiotic treatment of infections. Meanwhile, several substances have been shown to be capable of improving hematopoiesis in a proportion of MDS patients. One of these drugs has also been proven to significantly delay leukemic transformation and to double the 2-year-survival rate of patients with higher-risk MDS.

Key words: Myelodysplastic syndromes, lenalidomide, epigenetic treatment, 5-azacitidine, iron chelation

ÜbersichtAndreas Plettenberg, Leonie Meemken, Irene Walther, Hamburg, Norbert Brockmeyer, Bochum, und Albrecht Stoehr, Hamburg

HIV-Therapie beim älteren Menschen

Die immensen Fortschritte in der HIV-Therapie seit Einführung der hochaktiven antiretroviralen Therapie (HAART) im Jahr 1996 haben dazu geführt, dass sich die Prognose der antiretroviral behandelten Patienten deutlich verbessert hat. Dies hat zur Folge, dass das mittlere Alter aller Menschen, die mit einer HIV-Infektion leben, kontinuierlich steigt. In den USA werden im Jahr 2015 mehr als die Hälfte aller HIV-Infizierten älter als 50 Jahre sein. Da das Alter die Immunfunktionen beeinflusst und mit zunehmendem Alter vermehrt Komorbiditäten auftreten, müssen die antiretrovirale Therapie und das ärztliche Begleitmanagement bei älteren Patienten entsprechend angepasst werden – beispielsweise müssen mögliche Interaktionen zwischen den verschiedenen Arzneimitteln beachtet werden.
Arzneimitteltherapie 2010;28:96–100.

FlaggeEnglish abstract

HIV-therapy in eldery people

Advances in treatment of HIV disease have resulted in increased survival for HIV-infected patients. Therefore the HIV infection in eldery people is increasing worldwide. Older patients have a slower immunological response to HAART and a more rapid progression of HIV infection than younger patients. Management of HIV infection in older patients has to consider age-associated comorbidities, an increased risk of toxicities, and many drug interactions.

Key words: HIV, HAART, elderly, age

Referiert & kommentiertDr. Barbara Kreutzkamp, Hamburg

Neuer PAR-1-Antagonist SCH 530348

Thromboseprävention ohne erhöhtes Blutungsrisiko

SCH 530348, ein oral applizierbarer kompetitiver Antagonist des auf den Thrombozyten lokalisierten Proteinase-aktivierten Rezeptors 1 (PAR-1), hemmt die Thrombin-vermittelte Plättchenaktivierung und erwies sich in einer Phase-II-Studie als sicher: Bei Patienten, bei denen eine elektive perkutane Koronarintervention durchgeführt wurde, war die Rate klinisch relevanter Blutungen nicht höher als unter Plazebo.

Referiert & kommentiertDr. Barbara Ecker-Schlipf, Holzgerlingen

Denosumab

Neue Behandlungsmöglichkeit zur Prävention von Knochenabbau

In zwei multizentrischen, doppelblinden, randomisierten Studien – bei Männern mit Prostatakarzinom unter Antiandrogen-Therapie sowie bei postmenopausalen Frauen mit Osteoporose – konnte der humane monoklonale Antikörper Denosumab die Knochendichte deutlich erhöhen und damit das Frakturrisiko signifikant senken. Hinweise auf gravierende Nebenwirkungen der Substanz liegen bislang nicht vor.

Referiert & kommentiertDr. Susanne Heinzl, Reutlingen

INCBO18424

Oraler JAK-Hemmer bei Myelofibrose hilfreich?

Der oral applizierbare JAK-1/2-Hemmer INCB018424 eignet sich nach bisher vorliegenden Ergebnissen aus Phase-I/II-Studien zur Therapie von Patienten mit Myelofibrose.

Referiert & kommentiertProf. Dr. Hans Christoph Diener, Essen

Neurologie

Methotrexat bei CIDP nicht wirksam

Bei chronischer inflammatorischer demyelinisierender Polyradikuloneuropathie (CIDP) war eine Langzeitbehandlung mit oralem Methotrexat in einer randomisierten Plazebo-kontrollierten Studie mit 60 Patienten nicht wirksamer als Plazebo.

Referiert & kommentiertDr. Barbara Kreutzkamp, Hamburg

Hormonrezeptor-positives Mammakarzinom

Vergleichbares krankheitsfreies Überleben unter Letrozol-Tamoxifen-Sequenztherapien und …

In einer neuen Analyse der BIG-1-98-Studie zur adjuvanten Hormontherapie bei postmenopausalem Mammakarzinom ergaben sich keine signifikanten Unterschiede im krankheitsfreien Überleben unter einer Letrozol-Tamoxifen- bzw. Tamoxifen-Letrozol-Squenztherapie im Vergleich zu einer Letrozol-Monotherapie. Ein weiteres Daten-Update für die beiden Monotherapie-Arme mit Letrozol oder Tamoxifen zeigte keine signifikanten Unterschiede beim Gesamtüberleben.

Referiert & kommentiertAndrea Warpakowski, Itzstedt

Postmenopausales Hormonrezeptor-positives Mammakarzinom

Langzeitdaten belegen Überlebensvorteil bei Switch von Tamoxifen auf Exemestan

Eine aktuelle Auswertung der Intergroup Exemestan Study (IES) 031 nach einer medianen Beobachtungszeit von fast acht Jahren belegt erneut den signifikanten Vorteil der Umstellung auf den Aromatasehemmer Exemestan nach zwei- bis dreijähriger Einnahme von Tamoxifen: Im Vergleich zur kontinuierlichen Therapie mit Tamoxifen verlängerte der Switch auf Exemestan signifikant das krankheitsfreie sowie das Gesamtüberleben. Die Daten wurden auf einer von Pfizer Pharma im Rahmen des ECCO/ESMO veranstalteten Pressekonferenz im September 2009 in Berlin vorgestellt.