Dabigatran zur Schlaganfallprävention bei Patienten mit Vorhofflimmern
Vorhofflimmern ist ein wichtiger Risikofaktor für Schlaganfälle. Eine orale Antikoagulation mit Vitamin-K-Antagonisten verringert das Risiko ischämischer Insulte um etwa 64%, wobei das günstigste Nutzen-Risiko-Verhältnis bei einem International Normalized Ratio (INR) zwischen 2,0 und 3,0 gegeben ist. Direkte Thrombinantagonisten wie Dabigatran haben gegenüber Vitamin-K-Antagonisten den Vorteil, dass sie in einer fixen Dosierung, unabhängig von Körpergewicht, Größe und Ethnizität, gegeben werden. Es gibt keine Interaktionen mit Nahrungsmitteln und nur minimale Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten. In der RE-LY-Studie, in die 18113 Patienten mit Vorhofflimmern eingeschlossen waren, konnte gezeigt werden, dass 110 mg Dabigatranetexilat 2-mal täglich genauso wirksam sind wie Warfarin und dass die höhere Dosis von 2-mal 150 mg Dabigatranetexilat Warfarin bezüglich der Reduktion von Schlaganfällen und systemischen Embolien signifikant überlegen ist. Unter beiden Dabigatran-Dosierungen war die Rate an hämorrhagischen Insulten und intrakraniellen Blutungen signifikant geringer als unter Warfarin. Dabigatran ist damit eine wirksame und sichere Alternative zu Vitamin-K-Antagonisten.
Arzneimitteltherapie 2011;29:294–301.
English abstract
Dabigatran for the prevention of stroke in patients with atrial fibrillation
Atrial fibrillation (AF) is an important risk factor for stroke. Oral anticoagulation with vitamin-K-antagonists reduces stroke risk in patients with AF by about 64%. The risk of bleeding is only acceptable if the international normalized ratio (INR) is kept between 2.0 and 3.0. Oral direct thrombin antagonists such as dabigatran are given in a fixed daily dose irrespective of age, body weight or ethnicity. Dabigatran has no interaction with food and only minimal interactions with a few other drugs. The RE-LY study in 18,133 patients with atrial fibrillation showed that dabigatranetexilate 110 mg bid is as effective as warfarin in the prevention of stroke and systemic embolism and that dabigatranetexilate 150 mg bid is superior to warfarin. Both doses of dabigatranetexilate have a significantly lower incidence of cerebral hemorrhage or intracranial bleeds. Dabigatran offers a safe and effective alternative treatment to warfarin in patients with AF.
Key words: Atrial fibrillation, stroke, vitamin-K-antagonists, direct thrombin antagonists, dabigatran
Stellenwert intravenöser Immunglobuline in der Therapie der multiplen Sklerose
Die Behandlung der multiplen Sklerose (MS) hat in den letzten Jahren einen wesentlichen Wandel erfahren. Durch die Zulassung mehrerer immunmodulatorischer und immunsuppressiver Arzneistoffe stehen je nach Stadium der Erkankung eine Reihe von Therapeutika zur Verfügung. Obwohl sie für die Behandlung der multiplen Sklerose nicht zugelassen sind, wurden intravenöse Immunglobuline (IVIg) als Ausweichmittel eingesetzt, wenn andere Basistherapeutika nicht wirksam waren oder nicht vertragen wurden. In den zahlreichen klinischen Studien in den verschiedenen Krankheitsphasen der multiplen Sklerose konnte die Wirksamkeit der intravenösen Immunglobuline jedoch nicht immer bestätigt werden. Durch die neuen Alternativen bei der Behandlung der multiplen Sklerose rückt der Einsatz intravenöser Immunglobuline in den Hintergrund. In diesem Beitrag werden die wesentlichen Ergebnisse der Therapiestudien zu intravenösen Immunglobulinen bei multipler Sklerose zusammengefasst und in den Kontext der bestehenden Behandlungsalternativen gestellt.
Arzneimitteltherapie 2011;29:305–9.
English abstract
The role of high dose intravenous immunoglobulins in the treatment of multiple sclerosis
The treatment of multiple sclerosis (MS) has dramatically changed in the past 15 years. With the licensing of several immunomodulatory and immunosuppressive substances there are now various treatment alternatives available depending on the stage of the disease. Although not licensed for MS, intravenous immunoglobulins (IVIg) have been used in the past in cases where the basic treatment failed or was not tolerable due to side effects. There is a large number of clinical trials investigating IVIg in the treatment of MS. Unfortunately, early positive reports could not always be confirmed. With new treatments being available the use of IVIg in MS patients will be reduced in the future. The main results of the clinical trials of IVIg in MS are summarised here and put in relation with the available licensed treatments.
Key words: Multiple sclerosis, intravenous immunoglobulins, treatment, immunomodulation
Tapentadol, eine innovative Therapieoption bei chronischen Schmerzen
Tapentadol wird als der erste Vertreter einer neuen pharmakologischen Substanzklasse („MOR-NRI“) angesehen und kombiniert die zwei Wirkungsmechanismen µ-Opioid-Rezeptor-Agonismus (MOR) und Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmung (NRI) in einem Molekül. Durch Synergismus der beiden Wirkkomponenten soll eine den klassischen Opioiden mindestens vergleichbare Analgesie bei signifikant besserem Verträglichkeitsprofil erzielt werden. Dies konnte unter anderem in Studien bei Patienten mit starken chronischen Schmerzen des Bewegungsapparats bestätigt werden. Darin war Tapentadol Oxycodon (beide als Retardformulierung) in Bezug auf seine analgetische Wirkung mindestens gleichwertig, zeigte jedoch vor allem im Bereich der gastrointestinalen Verträglichkeit ein besseres Nebenwirkungsprofil. Therapieabbrüche waren unter Tapentadol seltener und der Gesundheitsstatus und die Lebensqualität der Patienten besser. Damit stellt retardiertes Tapentadol eine neue vielversprechende Therapieoption für Patienten mit starken chronischen Schmerzen dar.
Arzneimitteltherapie 2011;29:310–4.
English abstract
Tapentadol, an innovative therapeutic option in chronic pain
Tapentadol is regarded as the first substance in a new pharmacological class (“MOR-NRI”) and combines two mechanisms of action, μ-opioid receptor agonism (MOR) and noradrenaline re-uptake inhibition (NRI) in a single molecule. Due to the synergism of these two active components tapentadol should achieve at least similar analgesia with a significantly better tolerability profile than classic opioids. This assumption could be confirmed in studies on patients with severe chronic musculoskeletal pain. Tapentadol PR (PR: prolonged release) proved to be at least equivalent to oxycodone CR (CR: controlled release) in respect of its analgesic effect, but showed a better tolerability profile, particularly in the field of gastrointestinal side effects. Discontinuations of treatment were unfrequent and the health status and quality of life of patients were better under tapentadol. Tapentadol is a new promising treatment option for patients with severe chronic pain.
Key words: Tapentadol, MOR-NRI, μ-opioid receptor agonism, noradrenaline re-uptake inhibition, synergism, severe pain, quality of life
Hepatitis D
Behandlungsmöglichkeit mit Peginterferon alfa-2a und Adefovir
Die Hepatitis-Delta-Virusinfektion zeichnet sich durch einen aggressiven Verlauf aus. Mit einer Wirkstoffkombination aus Peginterferon alfa-2a und Adefovir konnte erstmals bei mehr als einem Viertel der behandelten Patienten eine Ausheilung der Hepatitis-Delta-Virusinfektion erzielt werden, so die Ergebnisse einer Studie des deutschen Kompetenznetzes Virushepatitis.
Neurootologie
Behandlung des akuten Hörsturzes mit Glucocorticoiden
Bei Patienten mit akutem Hörsturz ist eine systemische Glucocorticoid-Behandlung genauso wirksam wie die Injektion von Methylprednisolon ins Mittelohr.
Sekundärprävention kardiovaskulärer Ereignisse
Neue Wirkstoffe beeinflussen den Lipid- und Glucose-Haushalt
Die Mortalität von Patienten nach einem akuten Koronarsyndrom ist trotz leitliniengerechter Therapie gegenüber der Allgemeinbevölkerung erhöht. Um das Risiko erneuter kardiovaskulärer Ereignisse zu reduzieren, werden unter anderem CSE-Hemmer eingesetzt, die die LDL-Cholesterolspiegel senken. Dalcetrapib hemmt die Aktivität des Cholesterolester-Transferproteins (CETP) und bewirkt so eine Erhöhung des HDL-Cholesterolspiegels. Der duale PPAR-α/γ-Agonist Aleglitazar wirkt sich bei Patienten mit Diabetes mellitus Typ 2 und Dyslipidämie positiv auf den Glucosestoffwechsel aus und hat zugleich einen günstigen Einfluss auf die Blutfettwerte. Beide Wirkstoffe werden aktuell in Phase-III-Studien untersucht. Sie wurden bei einem Presseworkshop der Roche Pharma AG in Frankfurt/Main vorgestellt.
Frühgeborenenretinopathie
Bevacizumab ist Laserkoagulation überlegen
In einer US-amerikanischen Studie war die intravitreale Bevacizumab-Injektion bei Säuglingen mit einer Frühgeborenenretinopathie im Stadium 3+ der derzeitigen Standardtherapie, einer konventionellen Lasertherapie, überlegen. Dies galt für Säuglinge mit einer Erkrankung der Zone I, bei der das Risiko für ein Therapieversagen besonders hoch ist.
Schlaganfallprophylaxe bei Vorhofflimmern
Rivaroxaban – eine neue Alternative zu Warfarin
Der direkte Faktor-Xa-Inhibitor Rivaroxaban ist in der Prävention von Schlaganfällen bei Patienten mit Vorhofflimmern eine wirksame Alternative zu Warfarin. Das ergab die ROCKET-AF-Studie, die jetzt veröffentlicht wurde. Die Ergebnisse einer präspezifizierten Subgruppenanalyse der ROCKET-AF-Studie zur Wirksamkeit in der Sekundärprävention wurden bei einem Pressegespräch der Bayer Vital GmbH am 23. Mai 2011 in Hamburg vorgestellt.
Neues orales Antikoagulans
Apixaban überzeugt in der VTE-Prophylaxe
Mit Apixaban (Eliquis®) steht seit dem 18. Mai 2011 ein drittes oral anwendbares Antikoagulans in Deutschland zur Verfügung. Genau wie Rivaroxaban (Xarelto®) und Dabigatran (Pradaxa®) erhielt der neue Faktor-Xa-Inhibitor zunächst die europaweite Zulassung zur Prophylaxe venöser Thromboembolien (VTE) bei erwachsenen Patienten nach elektiven Hüft- oder Kniegelenkersatzoperationen. In mehreren Head-to-Head-Studien war Apixaban in seiner Wirksamkeit dem europäischen Standard Enoxaparin (Clexane®) statistisch signifikant überlegen – bei tendenziell geringerem Blutungsrisiko. Das zeigten die Studienergebnisse, die bei einem Pressegespräch der Firmen Bristol-Myers Squibb und Pfizer im Juni 2011 in München präsentiert wurden.
Invasive Mykosen
Gute Ansprechrate auf Anidulafungin bei praxisrelevantem Patientenkollektiv
Nicht nur invasive bakterielle Infektionen, sondern auch invasive Mykosen beeinträchtigen die Prognose von Patienten auf Intensivstationen. Das Echinocandin Anidulafungin war in einer aktuellen Studie, die im Rahmen eines Pressegesprächs der Firma Pfizer am 04. April 2011 in Berlin vorgestellt wurde, bei fast 70% der meist schwer erkrankten Patienten wirksam.