Prof. Dr. Erhard Hiller, München
Lange Zeit galt das metastasierte beziehungsweise fortgeschrittene Nierenzellkarzinom als chemo- und strahlentherapieresistent. Als einzige potenziell einsetzbare chemotherapeutische Substanz wurde noch in den neunziger Jahren in entsprechenden Lehrbüchern „halbherzig“ das Vincaalkaloid Vinblastin aufgeführt, das angeblich bei 6 – 9 % der Patienten zu objektiven Remissionsraten führen sollte. Leicht verbesserte Remissionsraten wurden später bei wenigen Patienten unter Interferon alfa und Interleukin 2 gesehen. Zu echten Fortschritten in der Therapie kam es dann jedoch im letzten Jahrzehnt durch den Einsatz neuer und wirksamer Therapieoptionen. So ist es heute Standard, in der Erstlinientherapie die Tyrosinkinase-Inhibitoren Sunitinib und Pazopanib einzusetzen und in der Zweitlinientherapie die Tyrosinkinase-Inhibitoren Sorafenib und Axitinib zu verwenden. Immerhin führt diese Strategie im progressionsfreien und gesamten Überleben gegenüber den Kontrollpatienten (z. B. unter Interferon) zu einem Zugewinn von mehreren Monaten. Ebenfalls für die Zweitlinientherapie oder auch danach steht jetzt neben dem mTOR-Inhibitor Everolimus der kürzlich zugelassene Programmed-Death (PD)-1-Checkpoint-Inhibitor Nivolumab zur Verfügung, wobei Letzterer gegenüber Everolimus zu einem signifikant verbesserten Gesamtüberleben führt. Wenn wir damit auch noch weit entfernt von einer Heilung des metastasierten Nierenzellkarzinoms stehen, so können wir doch jetzt unseren betroffenen Patienten sequentiell eine Reihe von lebensverlängernden Therapieoptionen anbieten. Professor Unger vom Zentrum für Krebsmedizin in Freiburg beschreibt in der lesenswerten Übersicht in diesem Heft die epidemiologischen, klinischen und vor allem neuen therapeutischen Daten zum metastasierten Nierenzellkarzinom.
Glücklicherweise wird das Nierenzellkarzinom in Zwei Drittel der Fälle in einem Tumorstadium 1 bis 2 diagnostiziert, ist somit organbegrenzt und kann operativ entfernt werden, was in den meisten Fällen dann auch zu einer dauerhaften Heilung führt. Durch den zunehmenden Einsatz der abdominellen Sonographie, oft auch im Rahmen einer anderen Fragestellung oder auch im Rahmen einer internistischen Durchuntersuchung kommen immer wieder „zufällig“ kleine verdächtige Rundherde oder Buckel in der Niere zu Beobachtung, die dann nachfolgend durch CT oder MRT weiter abgeklärt werden müssen. Bei dringendem Malignomverdacht können die betroffenen Patienten durch eine Tumorresektion oder eine Nierenteilresektion behandelt und somit in der Regel geheilt werden, sodass sich für diese glücklichen Patienten zu einem späteren Zeitpunkt die Frage, welche Erst- und Zweittherapie zum Einsatz kommen soll, gar nicht stellen wird. Besonders bei älteren Patienten männlichen Geschlechts sollte im Rahmen der abdominellen Sonographie ein erhöhtes Augenmerk auf ein mögliches Frühkarzinom der Nieren gerichtet werden.
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