Prof. Dr. med. Hans-Christoph Diener, Essen
Foto: [privat]
In der Diagnose und Therapie medizinischer Erkrankungen gab es in den letzten 20 Jahren ungeahnte Fortschritte, die sich sehr positiv für die betroffenen Patientinnen und Patienten, die behandelnden Ärzte und die Gesundheitssysteme ausgewirkt haben. Voraussetzung für eine kritische Diskussion von Ergebnissen klinischer Studien und die anschließende Implementierung im klinischen Alltag ist allerdings, dass insbesondere kontrollierte Studien in Fachzeitschriften mit Peer-Review-System publiziert werden. Bei den hochrangigen Fachzeitschriften in der Medizin gibt es gemessen an den Impact-Faktoren eine klare Rangfolge der Bedeutung der einzelnen Zeitschriften, wobei Zeitschriften wie das New England Journal of Medicine, The Lancet, JAMA und das British Medical Journal die Ranglisten anführen. Für wissenschaftlich und klinisch interessierte Ärztinnen und Ärzte, aber auch für Journalisten und die Öffentlichkeit ist es von immenser Bedeutung, dass Publikationen in diesen Zeitschriften für eine breite Leserschaft zugänglich sind. Erfreulicherweise haben große Wissenschaftsverlage wie Springer/Nature und Wiley mit Universitätsbibliotheken und Bibliotheken von Forschungseinrichtungen in Deutschland Verträge abgeschlossen, die einen freien Zugang zu Zeitschriften der Verlage für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der entsprechenden Einrichtungen möglich machen. Mit Elsevier scheiterten die Verhandlungen leider. Die Bibliotheken von mehr als 200 wissenschaftlichen Einrichtungen in Deutschland inklusive aller Unikliniken sahen sich nicht mehr in der Lage, die exorbitant hohen Abonnementkosten für wissenschaftliche Zeitschriften, die bei Elsevier publiziert werden, zu bezahlen. So beträgt beispielsweise die Abogebühr für die Zeitschrift Lancet für eine Bibliothek in Deutschland 12 000 Euro im Jahr.
Die Tatsache, dass Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie Ärztinnen und Ärzte die Ergebnisse vieler wichtiger Studien in der Medizin nicht mehr im Original lesen können, stellt einen schwerwiegenden Eingriff in die Wissensvermittlung und die Umsetzung von neuem Wissen in den klinischen Alltag dar. Man kann auch schwerlich verlangen, dass jede Ärztin und jeder Arzt individuelle Abonnements für die wichtigsten wissenschaftlichen Zeitschriften abschließt. Für Medizinjournalisten beispielsweise ist dies ebenso wenig finanziell tragbar. Elsevier benutzt als Gegenargument die Tatsache, dass man gegen eine entsprechende Gebühr publizierte Artikel auch als Open Access zugänglich machen kann. Die Gebühren, die jeweils bei über 3000 Euro pro Artikel liegen, sind allerdings auch für viele Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler eine hohe Hürde. Von Firmen der pharmazeutischen Industrie und der Medizingeräteindustrie können diese Beträge hingegen leicht aufgebracht werden.
Es bleibt daher dringend zu wünschen, dass Elsevier von seiner restriktiven Preispolitik abrückt und seine hochrangigen Zeitschriften wieder einer breiten Öffentlichkeit zugänglich macht.
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