Schnittstellen in der Herzmedizin
Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie 2024
Monoklonale Antikörper in der Therapie der Alzheimer-Erkrankung
Die Alzheimer-Erkrankung ist die häufigste Ursache für eine Demenz. In der Pathophysiologie spielen Beta-Amyloid-Plaques eine zentrale pathogenetische Rolle. Zur Therapie von frühen Stadien der Alzheimer-Erkrankung wurden monoklonale Antikörper gegen unterschiedliche Epitope von Beta-Amyloid entwickelt und in großen, Placebo-kontrollierten klinischen Studien untersucht. Dabei führten zwei dieser Antikörper, Lecanemab und Donanemab, zu einer signifikanten Verlangsamung der Krankheitsprogression. Problematisch sind allerdings Nebenwirkungen wie Hirnödeme, Mikroblutungen und Eisenablagerungen. Darüber hinaus ist eine aufwendige Primärdiagnostik mit PET-CT oder Biomarkern im Liquor notwendig. Die hohen Kosten der Therapie sind nicht nur durch die Arzneimittelkosten selbst, sondern auch durch Kosten für Infusionszentren und die regelmäßigen Nachuntersuchungen inklusive zerebraler Bildgebung bedingt. Ungeklärt ist derzeit auch, warum einige andere monoklonale Antikörper bei der Therapie der Alzheimer-Erkrankung nicht wirksam waren.
Arzneimitteltherapie 2024;42:94–104.
English abstract
Monoclonal antibodies in the therapy of Alzheimer’s disease
Alzheimer’s disease is the most common cause of dementia. In the pathophysiology of Alzheimer’s disease, β-amyloid plaques play a central pathogenetic role. For the treatment of early stages of Alzheimer’s disease, monoclonal antibodies against different epitopes of β-amyloid were developed and investigated in large, placebo-controlled clinical trials. Two of these antibodies, lecanemab and donanemab, showed a significant slowing of disease progression. However, side effects such as cerebral edema, microbleeds and iron deposits are problematic. In addition, complex primary diagnostics with PET-CT or biomarkers in the cerebrospinal fluid are necessary. The high costs of the therapy are not only due to the cost of the medication itself, but also by the costs for infusion centers and regular follow-up examinations including cerebral imaging. It is also currently unclear why some other monoclonal antibodies were not effective in the treatment of Alzheimer’s disease.
Aktuelle Entwicklungen der Therapie der multiplen Sklerose
Multiple Sklerose (MS) ist eine chronisch-entzündliche Erkrankung des Zentralnervensystems. Im Laufe der Jahre hat die MS-Forschung erhebliche Fortschritte gemacht, die unser Verständnis der Krankheit vertieft und eine Vielzahl neuer Therapieoptionen mit unterschiedlichen Mechanismen, Applikationsarten und Therapieintervallen hervorgebracht haben, darunter Immunmodulatoren sowie Immunsuppressiva. In diesem Artikel werden Überlegungen zum Beginn einer Immuntherapie bei einem ersten demyelinisierenden Ereignis sowie der Entwicklungsstand neuer Therapieoptionen erörtert. Zudem werden experimentelle Verfahren diskutiert, die das Potenzial besitzen, im Therapiealltag Einzug zu halten.
Arzneimitteltherapie 2024;42:107–116.
English abstract
Current developments in the treatment of multiple sclerosis
Multiple sclerosis (MS) is a chronic inflammatory disease of the central nervous system. Over the years, MS research has made significant progress, deepening our understanding of the disease and producing a variety of new therapeutic options with different mechanisms, types of administration and treatment intervals, including immunomodulators and immunosuppressants. In this article, we discuss considerations for starting immunotherapy at a first demyelinating event, as well as the developmental status of new therapy options and discuss experimental procedures that have the potential to find their way into everyday therapy.
Key words: evobrutinib, fenebrutinib, immunomodulator, multiple sclerosis, orelabrutinib, remibrutinib, tolebrutinib
Pulmonale arterielle Hypertonie
Macitentan und Tadalafil als Single-Tablet-Regime
Die pulmonale arterielle Hypertonie kann bei Erkrankten mit einem niedrigen oder mittleren Schweregrad mit der Kombination des Endothelinrezeptor-Antagonisten Macitentan und dem PDE-5-Inhibitor Tadalafil behandelt werden. In der A-DUE-Studie wurden die Wirksamkeit und Sicherheit eines Single-Tablet-Regimes dieser Kombination untersucht.
Primäre biliäre Cholangitis
PPAR-Agonist Elafibranor als neue Therapieoption
Eine primäre biliäre Cholangitis führt unbehandelt zu einer Vernarbung und Verstopfung der Gallengänge und damit im schlimmsten Fall zu Leberzirrhose und Leberversagen. Das einzige verfügbare Erstlinientherapeutikum Ursodeoxycholsäure hilft allerdings nur jedem zweiten Betroffenem, und Therapiealternativen sind rar. Eine einjährige klinische Phase-III-Studie empfiehlt nun den dualen PPAR-Agonisten Elafibranor für die Zweitlinientherapie.
Transthyretin-assoziierte Amyloidose
Acoramidis zur Therapie der Kardiomyopathie bei Transthyretin-Amyloidose
Bei der Transthyretin-Amyloidose kommt es zur Fehlfaltung des Plasmaproteins Transthyretin (TTR), welches sich dadurch als Monomerfibrillen in allen Organen anlagern kann. Acoramidis ist ein hochaffiner Stabilisator des tetrameren Transthyretins und hemmt dessen Dissoziation. In der Phase-III-Studie ATTRibute-CM wurde die Effektivität und Sicherheit von Acoramidis bei Patienten mit TTR-Amyloidose bedingter Kardiomyopathie untersucht.
Diabetes mellitus Typ 1
Erhalt der Betazell-Funktion durch Baricitinib?
Der Fragestellung, welche Auswirkungen der Januskinase-Inhibitor Baricitinib auf die Erhaltung der Betazell-Funktion von Patienten mit einem kürzlich diagnostizierten Diabetes mellitus Typ 1 hat, ging ein australisches Wissenschaftlerteam auf den Grund.
Diabetes mellitus Typ 1
Signifikanter Nutzen von Teplizumab bei Neudiagnose
Der monoklonale CD3-Antikörper Teplizumab ist bereits für die Behandlung eines präklinischen Diabetes mellitus Typ 1 zugelassen. Ziel der Therapie ist es, die progressive Zerstörung der insulinproduzierenden Betazellen und damit die klinische Manifestation der Erkrankung hinauszuzögern. In einer Phase-III-Studie wurde nun untersucht, ob die intravenöse Therapie mit Teplizumab die Krankheitsprogression auch nach der Diagnosestellung verlangsamen kann.
Prophylaxe der episodischen Migräne
Erenumab oder orale Substanzen: die APPRAISE-Studie
Mit einem Kommentar des Autors
Patienten mit episodischer Migräne, bei denen eine oder zwei frühere orale präventive Behandlungen versagt hatten, können von Erenumab profitieren. Das zeigen die Ergebnisse der spanischen APPRAISE-Studie. Unter dem monoklonalen Antikörper gegen den CGRP-Rezeptor waren Wirksamkeit, Sicherheit und Therapietreue besser als unter einer weiteren Therapie mit oralen Migräneprophylaktika.
PCSK9-Hemmer
Lerodalcibep senkt LDL-Cholesterol-Werte deutlich
Bei Patienten mit hohem oder sehr hohem Risiko für ein kardiales Ereignis oder einen Schlaganfall, die mit einem hoch dosierten HMG-CoA-Reduktasehemmer (Statin) behandelt werden, senkte die zusätzliche Gabe des PCSK9-Inhibitors der dritten Generation Lerodalcibep über ein Jahr den LDL-Cholesterol-Spiegel im Vergleich zu Placebo um mehr als die Hälfte. Dies ergab die Phase-III-Studie LIBerate-HR, die bei der Jahrestagung des American College of Cardiology (ACC) am 7. April 2024 in Atlanta vorgestellt wurde.
REDUCE-AMI
Betablocker nach Herzinfarkt nicht immer nötig
Das Risiko für Tod oder einen weiteren Herzinfarkt wird bei Patienten nach Herzinfarkt und mit erhaltener Auswurffraktion (≥ 50 %) durch die Einnahme eines Betablockers im Vergleich zu keiner Therapie nicht verringert. Dieses Ergebnis der offenen Parallelgruppen-Studie REDUCE-AMI wurde bei der Jahrestagung des American College of Cardiology (ACC) in Atlanta im April 2024 vorgestellt und parallel im New England Journal of Medicine publiziert.
Vorhofflimmern
Ab wann ist Vorhofflimmern relevant?
Device- oder Screening-detektiert, subklinisch, persistent, paroxysmal: Vorhofflimmern ist nicht gleich Vorhofflimmern. Dass es unbehandelt nicht nur das Schlaganfallrisiko erhöht, ist bekannt. Doch ab wann sollte behandelt werden? Darüber diskutierten Experten auf der 90. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie in einem von Bristol Myers Squibb und Pfizer veranstalteten Symposium.
Chronisch-entzündliche Darmerkrankungen
Etrasimod als neue Therapieoption bei Colitis ulcerosa
Die Therapie der chronisch-entzündlichen Darmerkrankung Colitis ulcerosa basiert neben konventionellen Ansätzen auf dem Einsatz von small molecules, beispielsweise Januskinase-Inhibitoren. Der Sphingosin-1-Phosphat-Rezeptor-Modulator Etrasimod ist ein weiterer, neu zugelassener Vertreter der small molecules. In einem Pressegespräch von Pfizer erläuterten Experten die Entstehung der Colitis ulcerosa, Angriffspunkte für Therapien sowie die Wirksamkeits- und Sicherheitsdaten von Etrasimod.
Multiple Sklerose (MS)
Tolebrutinib zur Therapie der nichtremittierenden multiplen Sklerose
Mit zunehmender Erkrankungsdauer nimmt die Schubrate und fokale Entzündungsaktivität bei Patienten mit multipler Sklerose ab. Dennoch kommt es weiterhin zur Behinderungsprogression aufgrund chronisch aktiver Läsionen. Experten diskutierten in einer Fachpressekonferenz das Potenzial des Bruton-Tyrosinkinase-Inhibitors Tolebrutinib des pharmazeutischen Unternehmens Sanofi. Er befindet sich derzeit in Phase-III-Studien mit Patienten mit remittierender MS und nichtremittierender sekundär progredienter MS.
Neurologische Erkrankungen
Patientenindividuelle Therapie von Migräne und multipler Sklerose
Die multiple Sklerose und Migräne sind komplexe neurologische Erkrankungen, bei denen eine patientenindividuelle Therapie entscheidend ist. Insbesondere Komorbiditäten und Lebenssituationen der Patienten sollten bei der Behandlung berücksichtigt werden. Bei einem virtuellen Pressegespräch im Rahmen des Fortbildungsformats Neurocluster® wurden aktuelle Erkenntnisse zu diesen beiden neurologischen Erkrankungen diskutiert und in den klinischen Zusammenhang eingeordnet.
Atopische Dermatitis
Selektive IL-13-Inhibition als effektives Target im Behandlungsmanagement
Mit dem monoklonalen Antikörper Lebrikizumab kann in der Behandlung der mittelschweren bis schweren atopischen Dermatitis direkt das Schlüsselzytokin der Erkrankung adressiert werden. Der Wirkstoff bindet mit hoher Affinität an Interleukin 13 und inhibiert so selektiv dessen nachgeschaltete Signalübertragung. Eine schnelle und anhaltende Wirksamkeit sowie eine vierwöchige Erhaltungsdosis zeichnen die neue Therapieoption aus.