Diabetes mellitus 

Prävention des Diabetes mellitus durch Tirzepatid zur Behandlung der Adipositas


Veröffentlicht am: 17.01.2025

Prof. Dr. med. Hans-Christoph Diener, Essen

In einer dreijährigen, randomisierten Studie führte eine Behandlung mit Tirzepatid bei 1032 Personen mit Adipositas und Prädiabetes zu einer erheblichen und nachhaltigen Gewichtsreduktion und einem deutlich geringeren Risiko für das Fortschreiten eines Prädiabetes zu einem Typ-2-Diabetes im Vergleich zu Placebo.

Hier finden Sie die PDF-Version des Artikels.

Fragestellung

Kann eine Behandlung mit Tirzepadid, einem Agonisten des glucagonähnlichen Peptid 1 (GLP-1) und dem Glucose-abhängigen Insulinotropen Polypeptid (GIP) bei Personen mit Adipositas und Prädiabetes den Übergang in einen manifesten Diabetes mellitus Typ 2 verhindern?

Hintergrund

Adipositas ist eine chronische Krankheit und gilt als Vorläufer für zahlreiche andere Erkrankungen, darunter Typ-2-Diabetes. In einer früheren Analyse der SURMOUNT-1-Studie [1] hatte der GIP/GLP1-Agonist Tirzepatid bei Personen mit Adipositas über einen Zeitraum von 72 Wochen eine erhebliche und nachhaltige Reduktion des Körpergewichts bewirkt. Die Autoren berichten nun über die 3-Jahres-Sicherheitsresultate von Tirzepatid sowie der Wirksamkeit in Bezug auf die Gewichtsreduktion und die Verzögerung des Fortschreitens von Prädiabetes zu einem manifesten Diabetes mellitus Typ 2 bei dieser Personengruppe.

Studiendesign

SURMOUNT-1 ist eine doppelblinde, randomisierte, Phase-III-Studie [1], in der 2539 Teilnehmer mit Adipositas in einem 1 : 1 : 1 : 1 Verhältnis Tirzepatid s. c. in einer einmal wöchentlichen Dosis von 5 mg, 10 mg oder 15 mg oder Placebo erhielten (Tab. 1). Die aktuelle Analyse umfasst die 1032 Teilnehmer, die zusätzlich zu Adipositas einen Prädiabetes hatten. Sie erhielten die ihnen zugewiesene Dosis von Tirzepatid oder Placebo für insgesamt 176 Wochen, gefolgt von einer 17-wöchigen behandlungsfreien Zeit. Die wichtigsten sekundären Endpunkte waren die prozentuale Veränderung des Körpergewichts vom Ausgangswert bis zur Woche 176 und das Auftreten eines Typ-2-Diabetes während der 176 und 193 Wochen.

Tab. 1.  Studiendesign von SURMOUNT-1

ErkrankungAdipositas und Prädiabetes
StudienzielWirksamkeit und Sicherheit von Tirzepatid einmal wöchentlich bei Teilnehmern mit Adipositas oder Übergewicht mit gewichtsbedingter Komorbidität ohne Typ-2-Diabetes
StudiendesignInterventionsstudie, multizentrisch, doppelblind, kontrolliert, randomisiert, Phase III
Patienten1032 Teilnehmer mit Prädiabetes von insgesamt 2539 Teilnehmern
Intervention
  • Tirzepatid 5 mg wöchentlich s. c. (n = 247)
  • Tirzepatid 10 mg wöchentlich s. c. (n = 262)
  • Tirzepatid 15 mg wöchentlich s. c. (n = 253)  
  • Placebo (n = 270)
Primäre EndpunkteProzentuale Veränderung des Körpergewichts vom Ausgangswert; Anteil der Teilnehmer mit ≥ 5 % Gewichtsreduzierung
SponsorEli Lilly
Studienregister-Nr.

NCT04184622

(ClinicalTrials.gov)

Ergebnisse

247 der 1032 Teilnehmer erhielten die 5-mg-Dosis Tirzepatid , 262 die 10-mg-Dosis, 253 die 15-mg-Dosis und 270 Placebo. Das mittlere Alter betrug 48,2 Jahre und das durchschnittliche Körpergewicht 107,3 kg. Nach 176 Wochen lag die mittlere prozentuale Veränderung des Körpergewichts bei den Teilnehmern, die Tirzepatid erhielten, bei

  • –12,3 % unter der 5-mg-Dosis,
  • –18,7 % unter der 10-mg-Dosis und
  • –19,7 % unter der 15-mg-Dosis,

verglichen mit –1,3 % unter Placebo (p < 0,001 für alle Vergleiche mit Placebo).

Die Zahl der Teilnehmer, bei denen im Verlauf der Studie ein Diabetes mellitus Typ 2 diagnostiziert wurde, war unter Tirzepatid niedriger als in der Placebo-Gruppe mit 1,3 % versus 13,3 % (Hazard Ratio [HR] 0,07; 95%-Konfidenzintervall [KI] 0,0–0,1; p < 0,001). Nach 17 Wochen ohne Behandlung oder Placebo war bei 2,4 % der Teilnehmer, die Tirzepatid erhielten, und 13,7 % der Teilnehmer, die Placebo erhielten, ein Typ-2-Diabetes aufgetreten (HR 0,12; 95%-KI 0,1–0,2; p < 0,001).

Abgesehen von COVID-19-Ereignissen waren die häufigsten unerwünschten Ereignisse gastrointestinaler Art. Sie traten hauptsächlich während der Dosis-Eskalationsphase in den ersten 20 Wochen der Studie auf. Es wurden keine neuen Sicherheitssignale festgestellt.

Kommentar

Es handelt sich hier um eine sehr wichtige Subgruppenanalyse der SURMOUNT-1-Studie. Sie zeigt, dass bei Menschen mit Adipositas und einem Prädiabetes eine Therapie mit Tirzepatid den Übergang in einen manifesten Diabetes mellitus Typ 2 verhindern kann. Die Studien zu den GLP-1-Agonisten und den kombinierten GIP/GLP-1-Agonisten sind relevant, da sie nicht nur zeigen, dass bei Adipositas eine ausgeprägte Gewichtsreduktion erreicht werden kann, sondern auch Folgeerkrankungen wie Herzinfarkt, Schlaganfall u. a. vaskuläre Krankheiten reduziert werden können. Darüber hinaus führt die Behandlung zu einer Besserung des Schlafapnoesyndroms und bei den behandelnden Patienten werden seltener Ersatzoperationen der Hüft- und Kniegelenke notwendig. Im vorliegenden Fall ist das wichtigste Ergebnis, dass die Häufigkeit des Auftretens eines Diabetes mellitus Typ 2 reduziert werden kann.

Quelle

Jastreboff AM, et al. SURMOUNT-1 Investigators. Tirzepatide for obesity treatment and diabetes Prevention. N Engl J Med 2024 Nov 13. doi: 10.1056/NEJMoa2410819.

Literatur

1. Jastreboff AM, et al. Tirzepatide once weekly for the treatment of obesity. N Engl J Med 2022;387:205–16.

Erhalten Sie jetzt uneingeschränkten Zugriff auf:
  • Alle Fachartikel in der AMT
  • Regelmäßige zertifizierte Fortbildungen
  • Aktuelle Informationen zu neuen Arzneimitteln – von Experten kommentiert
Mehr erfahren