Die Prozesse der Neovaskularisierung, ausgehend von bestehenden Blutgefäßen (Angiogenese), spielen eine wichtige Rolle sowohl für das Tumorwachstum als auch für die Metastasierung bei zahlreichen Tumoren. Die Tumorangiogenese stellt heute ein attraktives Target für die zielgerichtete Tumortherapie dar, wobei das VEGF/VEGF-R-System (Vascular endothelial growth factor receptor) und das FGF/FGF-R-System (Fibroblast growth factor receptor) als Schlüsselfaktoren für die Neoangiogenese identifiziert werden konnten. Zwischenzeitlich sind eine Reihe von antiangiogenetisch wirksamen Substanzen entwickelt worden, von denen einige bereits routinemäßig in der onkologischen Therapie eingesetzt werden. Obwohl das FGF/FGF-R-System synergistisch mit VEGF-Komponenten wirken kann, stehen bislang nur sehr wenige spezifische Inhibitoren der FGF-Rezeptoren zur Verfügung. Brivanib (BMS-582664) ist ein neuer oral verfügbarer und selektiver Inhibitor der Rezeptor-Tyrosinkinasen VEGF-R2 und FGF-R2, die beide eine entscheidende Rolle in der Tumor-Neoangiogenese spielen. Brivanib befindet sich derzeit in Phase III der klinischen Entwicklung und hat bisher eine viel versprechende klinische Aktivität mit einem akzeptablen Nebenwirkungsprofil gezeigt. Vor dem Hintergrund, dass VEGF-R2 mit Kollagen IV koexprimiert wird und durch VEGF-R2-Antagonisten depletiert werden kann, scheint Kollagen IV ein geeigneter Biomarker (Surrogat-Endpunkt) für die antiangiogenetische Aktivität von Brivanib zu sein. Das Potenzial dieses Biomarkers für Brivanib wird in den laufenden Studien untersucht.
Arzneimitteltherapie 2008;26:246–51.