Dr. med. Peter Stiefelhagen, Hachenburg
[Foto: privat]
Sicherlich werden Sie überrascht, ja sogar verwundert sein, dass eine Zeitschrift wie die Arzneimitteltherapie, die sich ja nahezu ausschließlich mit der Wirksamkeit innovativer Medikamente beschäftigt, in einem Editorial einmal das Thema „Placebo“ aufgreift, zumal die Gabe eines „reinen“ Placebos aus ethischen und juristischen Gründen nicht zulässig ist. Aber es soll dabei gar nicht um die direkte Wirkung eines Scheinmedikaments gehen, sondern vielmehr darum, wie sich eine Placebo-Wirkung erklären lässt und ob und wie wir solche Mechanismen in unsere tägliche Arbeit einfließen lassen können, ja sogar nutzen sollten, um die Adhärenz und damit den Erfolg einer Behandlung zu verbessern.
Unter Placeboeffekten versteht man positive physiologische und psychologische Veränderungen nach der Einnahme von Medikamenten ohne spezifischen Wirkstoff oder nach Scheineingriffen. Der aus klinischen Studien bekannte Placeboeffekt setzt sich aus einer Reihe unterschiedlicher Faktoren wie dem natürlichen Verlauf der Erkrankung, nämlich spontanen Fluktuationen oder statistischen Phänomenen wie der Regression zur Mitte zusammen. „Wir wissen heute, dass aber auch neuropsychologische Phänomene wie Erwartungshaltung der Patienten bezüglich der Wirkung einer Therapie, assoziative Lernprozesse und die Qualität der Arzt-Patientenbeziehung für den Placeboeffekt entscheidend sind“, so Professor Ulrike Bingel von der Neurologischen Universitätsklinik in Essen. Diese die Placeboantwort steuernden Prozesse induzieren komplexe psycho-neurobiologische Phänomene im ZNS, die wiederum peripher-physiologische Abläufe und Endorganfunktionen modulieren.
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