Ärztliche Fortbildung

Mehr Unabhängigkeit ist möglich und nötig


Prof. Dr. med. Klaus Lieb, Mainz

[Foto: Peter Pulkowski]

Seit Jahrzehnten pflegen pharmazeutische Unternehmen und Ärzteschaft enge Beziehungen. Diese resultieren letztendlich daraus, dass die Industrie erstens einen Großteil der Medikamentenentwicklung übernimmt und dabei auf die ärztlich-wissenschaftliche Expertise angewiesen ist und dass die Firmen zweitens beim Vertrieb der Arzneimittel von Ärzten abhängig sind, da diese als alleinige „gatekeeper“ bei der Verordnung von Arzneimitteln fungieren. Im Juni 2016 hat der Verein „Freiwillige Selbstkontrolle für die Arzneimittelindustrie“ (FSA) die Höhe der Zahlungen von pharmazeutischen Unternehmen an Ärzte in Deutschland transparent gemacht: Allein im Jahr 2015 wurden dafür mindestens 575 Millionen Euro von den Mitgliedsunternehmen des Verbandes forschender Arzneimittelhersteller (VfA) ausgegeben. Diese für Deutschland bisher einmalige Transparenz sowie das im Mai 2016 verabschiedete Gesetz zur Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen, nach dem sich auch niedergelassene Ärzte der Korruption schuldig machen können, hat zu kontroversen Diskussionen innerhalb der Ärzteschaft geführt. Interessenkonflikte, die dadurch entstehen, dass beispielsweise Ärzte zu Fortbildungsveranstaltungen oder Kongressen eingeladen werden oder Meinungsbildner persönliche Vortragshonorare von Firmen erhalten, stellen nach der aktuellen Gesetzeslage in den meisten Fällen kein korruptes Verhalten dar. Sie erhöhen aber immer das Risiko, dass diagnostische und therapeutische Entscheidungen nicht allein zum Patientenwohl getroffen werden, sondern zugunsten der Produkte der werbenden Firmen ausfallen. Dies unterstreicht unverändert die Notwendigkeit, konsequent für mehr Unabhängigkeit bei der ärztlichen Fortbildung zu sorgen.

Es gibt inzwischen einige Zeitschriften wie den Arzneimittelbrief, das Arzneitelegramm und die Arzneiverordnung in der Praxis, die unabhängige Fachinformationen über Arzneimittel liefern. Auch die Arzneimitteltherapie hat wichtige Schritte unternommen, um eine unabhängige Arzneimittelinformation sicherzustellen. Dazu gehört etwa der unabhängige und dem Autor gegenüber anonyme Review-Prozess, Anzeigen der Industrie müssen auf separaten Seiten gedruckt werden und dürfen keinen Bezug zum redaktionellen Umfeld haben, Informationen der Industrie werden als solche kenntlich gemacht, „Ghostwriter“ sind nicht erlaubt, Interessenkonflikte der Autoren werden systematisch abgefragt und mit den Artikeln veröffentlicht. Damit wird das Risiko verzerrter Arzneimittelinformationen deutlich reduziert. Noch einen Schritt weiter geht die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ), bei deren Fortbildungsveranstaltungen nach einer Übergangsphase nur noch Referenten auftreten dürfen, die seit mindestens zwei Jahren keine persönlichen Honorare der Industrie mehr angenommen haben. Ähnlich macht es LIBERMED, das ab 2017 deutschlandweit unabhängige Fortbildungsveranstaltungen anbieten wird (www.libermed.de). Denn wenn auf Fortbildungsveranstaltungen, die nicht von der Industrie gesponsert werden, Referenten auftreten, die ansonsten regelmäßig auf der Payroll der Industrie stehen, wird das Verzerrungsrisiko von Arzneimittelinformationen nicht wirkungsvoll gesenkt. [Foto: privat]

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