Bendamustin beim follikulären Lymphom
Ein Update zum wirkstoffassoziierten Risiko für Grad-≥3-Lymphopenien und opportunistische Infektionen
Obwohl das Zytostatikum Bendamustin bisher nur für die Monotherapie des indolenten Non-Hodgkin-Lymphoms im Falle einer Progression während oder innerhalb von sechs Monaten nach einer Rituximab-haltigen Therapie zugelassen ist, wird es seit geraumer Zeit in Kombination mit Rituximab (RB-Protokoll) häufig auch zur Erstlinientherapie von follikulären Lymphomen eingesetzt. In diesem Zusammenhang waren die Studienergebnisse einer direkten Vergleichsstudie von RB mit R-CHOP von maßgeblicher Bedeutung. Allerdings ist bei Bendamustin zu beachten, dass nicht nur ein erhöhtes Risiko für stark ausgeprägte, lang anhaltende Lymphopenien mit reduzierten CD4-Zellzahlen, sondern auch für opportunistische Infektionen (z. B. Histoplasmose, Pneumocystis-jirovecii-Pneumonien) besteht. Die Ausgangswerte an CD4-positiven Zellen und das Patientenalter wurden in diesem Zusammenhang als wichtige prognostische Parameter identifiziert.
Arzneimitteltherapie 2022;40:383–89.
English abstract
Bendamustine-rituximab (RB) in follicular lymphoma with the focus on risks for grade ≥3 lymphopenia
The cytotoxic drug bendamustine had been approved for monotherapy of indolent non-Hodgkin lymphoma (iNHL) in case of progression during or within 6 months after rituximab-based treatments, however, the drug is meanwhile rather often used in combination with rituximab (BR) as first-line-regimen for patients with follicular lymphoma. In this regard, study results of a direct comparative trial (RB versus R-CHOP) were of relevant concern.
However, the use of bendamustine has been associated with an increased risk for severe long-lasting lymphopenia with reduced CD4 cell counts as well as opportunistic infections (e.g. histoplasmosis, Pneumocystis jirovecii pneumonia). In this regard, baseline CD4-positive cell counts as well as patient’s age revealed to be important prognostic parameters.
Tirzepatid
GIP/GLP-1-Agonist zur Therapie von Erwachsenen mit unzureichend eingestelltem Typ-2-Diabetes
Tirzepatid ist ein GIP/GLP-1-Agonist, der die glykämische Kontrolle von Patienten mit Typ-2-Diabetes verbessert. Zugelassen ist die Substanz für Personen mit unzureichend eingestelltem Typ-2-Diabetes als Ergänzung zu Diät und Bewegung als Monotherapie, wenn die Einnahme von Metformin wegen Unverträglichkeiten oder Kontraindikationen nicht angezeigt ist, oder zusätzlich zu anderen Arzneimitteln zur Behandlung von Diabetes mellitus. Die Zulassung erfolgte auf Basis des SURPASS-Studienprogramms (SURPASS 1–5). Darin führte die Behandlung über einen Zeitraum von einem Jahr zu einer anhaltenden, statistisch signifikanten und klinisch bedeutsamen Senkung des HbA1c-Wertes gegenüber dem Ausgangswert im Vergleich zu Placebo oder einer aktiven Kontrollbehandlung. Mögliche Nebenwirkungen umfassen unter anderem Überempfindlichkeitsreaktionen, Hypoglykämien, gastrointestinale Störungen wie Übelkeit und Diarrhö.
Arzneimitteltherapie 2022;40:390–3.
English abstract
Tirzepatid
The GIP and GLP-1 agonist tirzepatide improves the glycemic control of patients with type-2-diabetes. It is approved as an adjunct to diet and exercise to improve glycemic control in adults. The approval was based on results from the phase 3 SURPASS program. Participants achieved significant A1C reductions in comparison to placebo or an active comparator. Side effects include hypoglycemia and gastrointestinal complications, including nausea and diarrhea.
Key words: tirzepatide; diabetes; HbA1c; GIP; GLP-1
Efgartigimod alfa
Fc-Fragment des humanen rekombinanten Immunglobulins G1 zur Therapie bei Myasthenia gravis
Im August 2022 wurde mit Efgartigimod alfa der erste Vertreter einer neuen Arzneimittelklasse zur Therapie der generalisierten Myasthenia gravis in der Europäischen Union (EU) zugelassen. Das Fc-Fragment des humanen rekombinanten Immunglobulins G1 (IgG1) wird mittels rekombinanter DNA-Technologie in Ovarialzellen des chinesischen Hamsters hergestellt. In der zulassungsrelevanten Studie verringerten sich bei Patienten mit generalisierter Myasthenia gravis unter Efgartigimod alfa die IgG-Spiegel und die Acetylcholin-Autoantikörperspiegel im Serum.
Arzneimitteltherapie 2022;40:396–9.
Zu diesem Beitrag existiert ein Korrekturhinweis.
English abstract
Efgartigimod alfa
In August 2022, efgartigimod alfa was approved in the European Union (EU) for treatment of generalized myasthenia gravis. The human recombinant immunoglobulin G1 (IgG1) Fc fragment is produced by recombinant DNA technology in Chinese hamster ovary cells. In the pivotal study, IgG levels and serum acetylcholine autoantibody levels decreased in patients with generalized myasthenia gravis receiving efgartigimod alfa.
Key Words: efgartigimod alfa; myasthenia gravis; recombinant immunoglobulin G1
Efgartigimod in der Therapie der generalisierten Myasthenie
Aus Expertensicht
Arzneimitteltherapie 2022;40:400–1.
Aktuell und von hoher Qualität
Praxis-ändernde Studien aus der Onkologie
Bericht vom ESMO-Kongress 2022
Beim Jahreskongress 2022 der European Society for Medical Oncology (ESMO) vom 9. bis 13. September wurde in Paris und via Internet eine Reihe sogenannter Praxis-ändernder Studien präsentiert. Nachfolgend stellen wir neun davon kurz zusammengefasst vor.
Arzneimitteltherapie 2022;40:403–6.
Nicht-kardioembolischer ischämischer Schlaganfall
PACIFIC-Stroke: Sekundärprävention des Schlaganfalls mit Faktor-XIa-Hemmer Asundexian
Mit einem Kommentar des Autors
In einer randomisierten Phase-IIb-Studie wurde unter dem Faktor-XIa-Hemmer Asundexian bei Patienten mit akutem, nicht-kardioembolischem Schlaganfall der primäre kombinierte Wirksamkeitsendpunkt aus stummem Hirninfarkt oder klinischem ischämischem Schlaganfall nicht erreicht. Die Kombination aus schwerer oder klinisch relevanter, nichtschwerer Blutung im Vergleich zu Placebo erhöhte sich unter Asundexian ebenfalls nicht.
Schubförmige multiple Sklerose
Weniger Rezidive und Hirnläsionen durch Ublituximab im Vergleich mit Teriflunomid
Mit einem Kommentar von Prof. Dr. med. Hans-Christoph Diener, Essen
Bei Patienten mit schubförmiger multipler Sklerose hatte der neue monoklonale Anti-B-Zell-Antikörper Ublituximab in einer Placebo-kontrollierten Phase-II-Studie zu verringerten Rückfallraten geführt. In zwei identischen Phase-III-Studien wurde jetzt die Wirksamkeit und Sicherheit von Ublituximab im Vergleich mit dem oral eingenommenen Immunsuppresivum Teriflunomid untersucht.
Akuter ischämischer Schlaganfall
Was ist der richtige Zeitpunkt für den Beginn einer DOAK-Behandlung?
Mit einem Kommentar des Autors
Der frühzeitige Beginn einer DOAK-Behandlung nach einem akuten ischämischen Schlaganfall bei Patienten mit Vorhofflimmern innerhalb von vier Tagen war in einer randomisierten Studie einem verzögerten Beginn nicht unterlegen. Die zahlenmäßig geringeren Raten an ischämischen Schlaganfällen und Todesfällen sowie das Fehlen symptomatischer intrazerebraler Blutungen deuten darauf hin, dass der frühzeitig Beginn der DOAK-Behandlung sicher war und für die akute sekundäre Schlaganfallprävention in Betracht gezogen werden sollte.
Myasthenia gravis
Frühe Gabe von Rituximab bei generalisierter Myasthenia gravis
Mit einem Kommentar des Autors
Eine Einzeldosis von 500 mg Rituximab war in einer randomisierten Studie in Schweden im Vergleich zu Placebo mit einer größeren Wahrscheinlichkeit eines milderen Verlaufs einer Myasthenia gravis verbunden und führte zu einem geringeren Bedarf an Arzneimitteln zur Behandlung von Notfallsituationen. Es sind allerdings weitere Studien erforderlich, um das langfristige Nutzen-Risiko-Verhältnis dieser Behandlung zu untersuchen.
Intrazerebrale Blutung
Prophylaktische Therapie mit Levetiracetam kann epileptischen Anfällen vorbeugen
Mit einem Kommentar des Autors
In einer kleinen randomisierten, doppelblinden, Placebo-kontrollierten Phase-III-Studie war Levetiracetam in der Prophylaxe von akuten epileptischen Anfällen bei Patienten mit intrazerebralen Blutungen wirksam. Allerdings sind größere Studien notwendig, um festzustellen, ob die Anfallsprophylaxe das funktionelle Ergebnis bei Patienten mit intrazerebraler Blutung verbessert.
Polymyalgia rheumatica
Tocilizumab als Option bei Glucocorticoid-Abhängigkeit
Rund ein Viertel der Patienten mit Polymyalgia rheumatica muss langfristig hochdosierte Glucocorticoide einnehmen. Interleukin-6-Antagonisten wie Tocilizumab können hier eine Behandlungsoption darstellen, um die Nebenwirkungen der Glucocorticoid-Therapie zu reduzieren.
Prostatakrebs
RADICALS-HD-Studie: Vorteile unter Androgendeprivationstherapie
Für den Einsatz einer Kombination aus Radiotherapie (RT) und Androgen-Deprivationstherapie (ADT) in der Primärtherapie von Prostatakarzinomen gibt es gute Belege und sie wird vielfach eingesetzt. Unsicher war bislang allerdings, ob und wenn ja, wie lange eine Kombination aus ADT und RT nach radikaler Prostatektomie (RP) sinnvoll ist. Mit der Klärung dieser Frage beschäftigten sich die Autoren der RADICALS-HD-Studie, die während des europäischen Krebskongresses (ESMO) 2022 vorgestellt wurde.
KRAS-G12C-mutierte NSCLC
Sotorasib verbessert bei vorbehandelten Patienten das PFS gegenüber Docetaxel
Die primäre Analyse der Phase-III-Studie CodeBreaK 200 bei Patienten mit KRAS-G12C-mutiertem nicht-kleinzelligem Lungenkarzinom (NSCLC), die nach einer Platin-basierten Chemotherapie und einem Checkpoint-Inhibitor eine Progression erlitten hatten, zeigte, dass die Studie ihren primären Endpunkt erreicht hat: eine statistisch signifikante Verbesserung des progressionsfreien Überlebens (PFS) mit Sotorasib gegenüber Docetaxel. Die Ergebnisse dieser Studie wurden im Presidential Symposium III während des europäischen Krebskongresses (ESMO) 2022 vorgestellt.