Dr. Maja M. Christ, Stuttgart
Für Patienten mit Diabetes mellitus haben sich die Therapiemöglichkeiten in den vergangenen Jahren deutlich verbessert, wie Prof. Dr. med. Matthias Blüher und Prof. Dr. med. Thomas Ebert, Leipzig, in ihrem Grußwort zum 57. Diabetes Kongress der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) schreiben.
Während die Vielfalt der Therapiemöglichkeiten erfreulicherweise steigt, steigt jedoch auch die Prävalenz – obwohl einer Untersuchung von Wissenschaftlern des Deutschen Diabetes-Zentrums (DDZ) zufolge die Inzidenz von 2014 bis 2019 zurückgegangen ist [1]: Die Inzidenzrate sank in diesen sechs Jahren bei Frauen von 6,9 auf 6,1 pro 1000 Personen und bei Männern von 8,4 auf 7,7 pro 1000 Personen. Das entspricht einer jährlichen Verringerung um 2,4 % bzw. um 1,7 %. Der Rückgang der Neuerkrankungsrate ist aber vor allem der Entwicklung bei Älteren geschuldet – in der Altersgruppe der 20- bis 39-Jährigen stieg die Neuerkrankungsrate hingegen an: bei Männern um 2,9 % und Frauen um 2,4 % pro Jahr. Diese Altersgruppe umfasst etwa 7 % aller Neuerkrankungsfälle im Beobachtungszeitraum.
Dass die Zahl der Betroffenen trotz sinkender Inzidenz weiter steigt, liegt vor allem an der immer besser werdenden medizinischen Versorgung von Patienten mit Diabetes mellitus, einer damit einhergehenden höheren Lebenserwartung und somit einem größeren Anteil erkrankter Personen an der Gesamtbevölkerung. Tönnies et al. zufolge müssten präventive Maßnahmen, gezielte Bewegungsangebote, gesunde Ernährungsgewohnheiten und die gesundheitliche Aufklärung der Bevölkerung verstärkt gefördert werden, um aus einem ersten Trend eine langfristige Kehrtwende für Deutschland einzuleiten [1].
Die Pharmakotherapie beim Typ-2-Diabetes ist weiter im Wandel, wie meine Kollegin in ihrem Bericht zur Diabetes Herbsttagung 2022 schreibt (S. 99 ff.). So hat die Zulassung des dualen Agonisten des Glucose-abhängigen insulinotropen Peptids (GIP) und Glucagon-like Peptids 1 (GLP-1) Tirzepatid die Therapievielfalt im vergangenen Jahr noch einmal erweitert – und damit die Individualisierbarbeit der Diabetesbehandlung.
Gerade bei einer älter werdenden, mitunter multimorbiden Bevölkerung stellt sich allerdings nicht selten das Problem der Polymedikation. Wie Priv.-Doz. Dr. med. Anke Bahrmann, Heidelberg, auf der Diabetes Herbsttagung betonte (S. 99 ff.), sei eine leitliniengerechte Therapie zwar empfehlenswert, jedoch würden hierbei nur jeweils eine Erkrankung berücksichtigt und sehr strenge Therapieziele definiert werden. Den „Spagat“ zwischen Über- und Unterversorgung hinzubekommen, ist da nicht immer leicht.
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