Etrasimod


Eduard F. Stange, Tübingen

Arzneimitteltherapie 2024;154–5.

Etrasimod ist das „new kid on the block“ in der Therapie der chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen (CED), in diesem Fall der Colitis ulcerosa. Pharmakologie, Therapieergebnisse sowie das Sicherheitsprofil von Etrasimod wurden im vorangehenden Artikel bereits dargestellt. In diesem Beitrag soll die Substanz in das therapeutische Umfeld eingeordnet werden.

Dieses als komplex zu bezeichnen wäre noch eine Untertreibung: In den Anfangsjahren der CED-Therapie standen bekanntlich nur Corticosteroide und Sulfasalazin/Mesalazin sowie Azathioprin zur Verfügung. Mittlerweile sind mehrere Tumornekrosefaktor(TNF)-Antikörper (Infliximab, Adalimumab, Golimumab), Integrin-Antikörper (Vedolizumab), IL-12/23(p40)-Antikörper (Ustekinumab), IL-23(p19)-Antikörper (Risankizumab, Mirikizumab) sowie Januskinase-Inhibitoren (Tofacitinib, Filgotinib, Upadacitinib) zugelassen [2]. Neu hinzukommen sind die Sphingosin-1-Phosphat(S1P)-Rezeptor-Modulatoren Ozanimod und Etrasimod, zumindest bei Colitis ulcerosa. Für Morbus Crohn liegen die Phase-III-Daten für Ozanimod (YELLOWSTONE) noch nicht vor und auch für Etrasimod ist die Wirksamkeit nur für Colitis ulcerosa gesichert.

Gemeinsam ist allen Medikamenten eine immunmodulatorische Wirkung, wenn auch mit völlig unterschiedlichen Wirkungsmechanismen. Dies ist insofern paradox, als beide CED in der Zwischenzeit nicht mehr als „überschießende Immunreaktion“, sondern als Barrierestörung gedeutet werden [7]. Dieser funktionelle Defekt des Epithels und der Mukusschicht erlaubt die Invasion von kommensalen Bakterien aus dem Lumen sowie einzelner Pathobionten, die eine gezielte Immunreaktion auslösen – die Entzündung ist also eigentlich ein „Kollateralschaden“ der antibakteriellen Immunreaktion [9]. Die CED sind daher keine Autoimmunerkrankungen im engeren Sinne: Die Immunantwort ist gegen Bakterien und nicht primär gegen das Gewebe gerichtet. Weiterhin ist die Zusammensetzung des Mikrobioms im Darm bei CED-Patienten verändert (Dysbiose). Dies ist überwiegend als Sekundärphänomen zu interpretieren [8].

Daher behandelt jede immunmodulatorische Therapie nur die Begleitentzündung einer bakteriellen Invasion. Dies erklärt die eher bescheidenen Therapieergebnisse auch der neueren Substanzen (Abb. 1). Wie dieser Vergleich zeigt, liegen die Remissionsraten durchgehend unter 30 %, d. h., > 70 % der Patienten erreichen keine Remission. Dies gilt auch für Etrasimod: Bei einem therapeutischen Gewinn von 9,7 bzw. 19,8 % nach zwölf Wochen in den beiden Induktionsstudien entspricht dies einer durchschnittlichen Number needed to treat (NNT) von 6,8. Dies bedeutet, dass fast sieben Patienten mit Etrasimod behandelt werden müssen, um eine Remission zusätzlich zu Placebo zu erreichen. Erfreulich ist allerdings die gute Wirksamkeit auch bei isolierter Proktitis. Insoweit ein Vergleich der Therapieergebnisse zwischen Studien erlaubt ist, scheint Etrasimod bei Colitis ulcerosa jedoch mindestens so wirksam zu sein wie Ozanimod (Abb. 1). Ähnlich unbefriedigende Therapieergebnisse finden sich für fast alle Therapieoptionen, sodass eine Priorisierung nach wie vor schwierig ist [2] und in den Leitlinien komplett vermieden wird. Zudem gilt fast generell in der CED-Therapie, dass sich die Ergebnisse bei früherem Therapieversagen gegenüber anderen Substanzen, d. h. in der Zweitlinie, noch weiter verschlechtern [2, 3]. Bei einer derzeit diskutierten Verschärfung der Endpunkte [3], beispielsweise mukosale Besserung/histologische Remission statt nur klinischer Remission, wird dies durch Etrasimod (ähnlich wie bei den Mitbewerbern), sogar nur noch in 21 % der Fälle erreicht.

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