Atazanavir
Neuer Proteasehemmer zur Behandlung von HIV-Infizierten
Seit der Einführung der hochaktiven antiretroviralen Therapie (HAART) 1996 hat sich das Überleben HIV-infizierter Patienten dramatisch verbessert. Eine zunehmende Resistenzentwicklung sowie Langzeittoxizitäten der eingesetzten Medikamente erfordern jedoch die weitere Entwicklung neuer Substanzen zur erfolgreichen Behandlung der HIV-Infektion. Seit März 2004 ist mit Atazanavir (Reyataz®) ein neuer Proteasehemmer zur Behandlung antiretroviral vorbehandelter HIV-Patienten in Europa zugelassen worden. In dieser Übersicht wird auf Wirksamkeit, pharmakodynamisches und pharmakokinetisches Profil, Interaktionen und Verträglichkeit von Atazanavir eingegangen.
Arzneimitteltherapie 2004;22:322–7.
Neuroprotektive Therapien für neurodegenerative Erkrankungen
Auf der Suche nach neuroprotektiven Medikamenten wurden im letzten Jahrzehnt weltweit enorme Ressourcen eingesetzt. Ein breites Spektrum an Substanzen mit unterschiedlichen Wirkungsmechanismen (z. B. antiinflammatorisch, antiaggregatorisch, antiapoptotisch, antiexzitatorisch, antioxidativ) wurde in der präklinischen und klinischen Forschung zur Therapie neurodegenerativer Erkrankungen untersucht. Die meisten Substanzen zeigten jedoch trotz vielversprechender präklinischer Daten keine Wirksamkeit beim Menschen oder ihre Entwicklung wurde wegen eines ungünstigen Nutzen-Risiko-Profils eingestellt. Der Einsatz von Wirkstoffen bei mehreren neurodegenerativen Erkrankungen, die eine klar abgrenzbare individuelle Pathogenese aufweisen, lässt vermuten, dass zahlreiche Wirkungsprinzipien eher in unspezifische sekundäre Degenerationsprozesse als kausal eingreifen. Ein Hauptproblem ist dabei die Übertragung der im Tiermodell gewonnenen Daten auf den menschlichen Organismus. So existieren nicht für alle neurodegenerativen Erkrankungen gute Tiermodelle, und die pathophysiologischen Gegebenheiten beim Tier können nicht einfach auf den Menschen übertragen werden. Zudem ist für eine erfolgreiche Therapie häufig eine genauere Unterscheidung (Bildung von Subgruppen) nach Ätiologie und Pathologie der Erkrankung unerlässlich. Die Kombination potenziell neuroprotektiver therapeutischer Strategien könnte ein erfolgreiches Prinzip sein, stellt aber hohe Anforderungen an klinische Studien. In dieser Übersicht stellen wir Wirkstoffe vor, die in der klinischen Erprobung zur Neuroprotektion bei M. Parkinson, M. Alzheimer, M. Huntington, der amyotrophen Lateralsklerose und beim Schlaganfall stehen.
Arzneimitteltherapie 2004;22:328-35.
Erythropoetin in der Onkologie
Anämien führen zu einer Verminderung der Leistungsfähigkeit und Lebensqualität. Bei Krebspatienten beruhen sie häufig auf einer Blutbildungsstörung als Folge einer „Tumoranämie“, einer Knochenmarkinfiltration oder therapeutischer Maßnahmen. Zur Behandlung der Chemotherapie-induzierten Anämie sind in Deutschland die Erythropoetin-Präparate Epoetin alfa, Epoetin beta und Darbepoetin alfa zugelassen. In zahlreichen kontrollierten Studien ließ sich mit diesen Substanzen bei einem Abfall der Hämoglobin-Konzentration unter 11 g/dl bei etwa zwei Dritteln der Patienten ein Hämoglobin-Anstieg um mindestens 2 g/dl erreichen. Der Anstieg erfolgte innerhalb eines Zeitraums weniger Monate und ging mit einer messbaren Verbesserung der Lebensqualität einher. In der Strahlentherapie wurde Erythropoetin mit dem Ziel eingesetzt, über eine verbesserte Tumoroxygenierung eine Effizienzsteigerung dieser sauerstoffabhängigen Therapiemodalität zu erreichen. Wider Erwarten zeigten sich jedoch in einer randomisierten Studie im Erythropoetin-Arm schlechtere Behandlungsergebnisse als im Kontrollarm. Pharmakoökonomische Analysen weisen darauf hin, dass die Behandlung mit Erythropoetin wesentlich kostenintensiver ist als die alternativ in Frage kommende Transfusionstherapie, die in der Regel allerdings erst bei stärkeren Anämiegraden eingesetzt wird. Vor dem Hintergrund schwindender Ressourcen in unserem Gesundheitssystem muss die Indikation zur Erythropoetin-Therapie anhand der Ansprechwahrscheinlichkeit, der erwarteten Notwendigkeit, Verträglichkeit und Dauer einer Transfusionstherapie, der onkologischen Prognose und anderer Faktoren individuell gestellt werden.
Arzneimitteltherapie 2004;22:336-42.
Menopause
Estrogensubstitution nach Hysterektomie erhöht das Schlaganfallrisiko
Eine Hormonsubstitution mit Estrogen bei Frauen in der Menopause nach Hysterektomie erhöht das Schlaganfallrisiko. Das ergab eine große Plazebo-kontrollierte Studie der Women‘s Health Initiative (WHI).
CAPRIE-Studie
Symptomatische Arteriosklerose in der Anamnese erhöht den Nutzen von Clopidogrel
Die CAPRIE(Cloperidol versus Aspirin in patients at risk of ischemic events)-Studie hatte für Clopidogrel im Vergleich zu Acetylsalicylsäure eine mäßig, aber signifikant bessere Schutzwirkung vor vaskulären Ereignissen bei Risikopatienten gezeigt. Eine Subgruppenanalyse ergab jetzt, dass der Unterschied bei Patienten mit symptomatischer Arteriosklerose in der Vorgeschichte ausgeprägter ist.
Koronarstents
Keine Folsäure-Therapie nach Stentimplantation
Die Gabe von Folsäure, Vitamin B6 und B12 nach Implantation eines Koronarstents senkte zwar den Homocystein-Plasmaspiegel, aber nicht das Restenose-Risiko. Der minimale Lumendurchmesser war nach 6 Monaten geringer und die Restenose- und Revaskularisationsrate höher als mit Plazebo.
CSE-Hemmer
Simvastatin zur Schlaganfallprävention
Der CSE-Hemmer Simvastatin senkt bei Patienten mit hohem vaskulärem Risiko nicht nur die Inzidenz von Myokardinfarkten, sondern auch von Schlaganfällen. Das wurde in der Heart Protection Study an einer großen Zahl von Patienten bestätigt.
Mammakarzinom
Erweiterte adjuvante Therapie mit Letrozol
Die Arbeitsgemeinschaft Gynäkologische Onkologie (AGO) empfiehlt in den aktuellen deutschen Leitlinien zur Behandlung des Mammakarzinoms die erweiterte adjuvante endokrine Therapie mit Letrozol bei postmenopausalen Patientinnen. Dies wurde in einem von der Firma Novartis veranstalteten Fachpressegespräch präsentiert.
Schlaganfall
Glykoprotein-IIb/IIIa-Rezeptorantagonisten als Mono- oder Kombinationstherapie
Die Ergebnisse bei der Behandlung des akuten Koronarsyndroms mit Glykoprotein-IIb/IIIa-Antagonisten waren der Grund dafür, diese Substanzgruppe auch beim ischämischen Schlaganfall zur untersuchen. Erste Studienergebnisse stimmen optimistisch, dass eine Mono- oder Kombinationstherapie auch außerhalb des Lyse-Zeitfensters günstige Wirkungen entfalten könnte.
Schlaganfall-Sekundärprävention
ASS plus Dipyridamol verhindert die meisten Schlaganfälle
Die Kombination von Acetylsalicylsäure plus retardiertem Dipyridamol (Aggrenox®) verhindert bei Patienten nach ischämischem Schlaganfall oder transitorischer ischämischer Attacke mehr erneute Schlaganfälle als jede der Substanzen allein. So die Ergebnisse der 1996 erstmals publizierten Studie ESPS 2 (European stroke prevention study 2). Die heutige Bedeutung der Studienergebnisse wurde bei einer Pressekonferenz der Firma Boehringer Ingelheim im Rahmen der 13. europäischen Schlaganfall-Konferenz in Mannheim im Mai dieses Jahres diskutiert.
Polycythaemia vera
Niedrig dosierte Acetylsalicylsäure als Orphan-Drug
Niedrig dosierte Acetylsalicylsäure (ASS) reduzierte in einer randomisierten, Plazebo-kontrollierten Studie bei Patienten mit Polycythaemia vera, aber ohne sonstige Indikation für ASS, das kardiovaskuläre Risiko signifikant. Da Polyzythämie eine seltene Erkrankung ist, wurde Aspirin® als Orphan-Drug in dieser Indikation zugelassen.
TNF-α-Antagonisten
Etanercept bei Psoriasisarthritis und Psoriasis
Der Tumornekrosefaktor-alfa-Antagonist Etanercept (Enbrel®) ist als einziges der so genannten Biologicals zugelassen zur Therapie der Psoriasisarthritis. Etanercept führte darüber hinaus in einer Studie bei Patienten mit Psoriasis vulgaris vom Plaque-Typ als Monotherapie bei 87 % zum Ansprechen.
Biologicals
Efalizumab in der Psoriasis-Therapie
Der monoklonale Antikörper Efalizumab war in Phase-III-Studien wirksam zur Therapie der Plaque-Psoriasis, ein Fünftel bis zu einem Drittel der Patienten erreichten eine 75%ige Besserung von Ausdehnung und Aktivität der Erkrankung.