EditorialProf. Dr. med. Jürgen Schölmerich, Regensburg

Wodurch wird der Zugang zu innovativen Arzneimitteln limitiert?

ÜbersichtNadia Harbeck, Sabine Latta, Marwa Salem und Susanne Frisse, Köln

Adjuvante Chemotherapie beim Mammakarzinom

Standards und Optionen 2010

Die Behandlung des frühen Mammakarzinoms basiert unter kurativer Zielsetzung auf einem multimodalen Konzept. Ein Bestandteil der Behandlung ist die adjuvante Chemotherapie. Welches Regime bei welcher Patientin infrage kommt, ob Anthracyclin-haltig oder -frei, ob dosisdichte oder dosisintensivierte Therapie, hängt unter anderem vom Alter, dem Menopausenstatus sowie dem Hormonrezeptor- und Nodalstatus ab. Auch eine zielgerichtete Therapie kommt bei der Behandlung des frühen Mammakarzinoms zum Einsatz, beispielsweise bei HER2-positiven Tumoren. In diesem Artikel werden Entscheidungsfaktoren, die bei der Indikationsstellung für eine adjuvante Chemotherapie zu berücksichtigen sind, verschiedene Chemotherapieregime sowie häufige Nebenwirkungen und deren Behandlung dargestellt.
Arzneimitteltherapie 2010;28:220–8.

FlaggeEnglish abstract

Adjuvant chemotherapy for early breast cancer

The treatment of early breast cancer is based on a multimodal concept with curative intent. An essential part of this treatment strategy is adjuvant chemotherapy. Which adjuvant therapy is chosen for an individual patient depends on different criteria such as patient age, menopausal status, hormone receptor status and axillary lymph node involvement. Targeted therapies will also be used in early breast cancer, e.g. in HER2 positive disease.

This article reviews the different adjuvant chemotherapy strategies, the clinical rationale behind decisions between chemotherapy regimes, as well as occurrence and treatment of side effects.

Key words: Breast cancer, adjuvant chemotherapy, targeted therapies

ÜbersichtPramod M. Shah, Frankfurt am Main

Infektiöse Endokarditis – Risikofaktoren, Erreger, antibakterielle Therapie

Die infektiöse Endokarditis (IE) geht, obwohl eine antibiotische Therapie möglich ist, weiterhin mit hoher Morbidität und Letalität einher. Nach einer Erhebung der Arbeitsgemeinschaft Leitender Kardiologischer Krankenhausärzte e. V. beträgt die Letalitätsrate bis zu 18% und die Latenzzeit bis zur Diagnosestellung 29±35 Tage. Die Inzidenz der IE wird mit 3–10 Episoden/100000 Personen/Jahr geschätzt. Rheumatische Klappenerkrankungen, die früher einen häufigen Risikofaktor darstellten, werden heute in Deutschland kaum noch beobachtet. Als Risikofaktoren sind eher degenerative Klappenerkrankungen und intrakardiale Implantate vorhanden. Bei community-acquired IE der Nativklappe sind Streptokokken (47%) weiterhin die häufigsten Erreger, gefolgt von Staphylokokken (26%). Bei nosokomialen Nativklappen-Endokarditiden und Klappenprothesen-Endokarditiden überwiegen Staphylokokken (58% bzw. 40%). Durch S. aureus bedingte Endokarditiden verlaufen akuter, haben eine signifikant kürzere Latenzzeit bis zur Diagnosestellung als durch andere Erreger verursachte Endokarditiden (p<0,001) und gehen mit einer signifikant höheren Letalität einher (S. aureus 22,4% vs. Non-aureus 14,6%; p<0,001). Bei länger andauerndem Fieber unklarer Genese oder Rezidiv nach Beendigung einer ungezielten antibiotischen Therapie muss eine Endokarditis in die differenzialdiagnostischen Überlegungen einbezogen werden, vor allem wenn ein Herzgeräusch vorhanden ist.
Arzneimitteltherapie 2010;28:231–40.

FlaggeEnglish abstract

Infectious endocarditis – risk factors, pathogens, antibacterial therapy

Although antibacterial treatment is available infectious endocarditis (IE) is still a disease with high morbidity and mortality. According to a survey by Working Group of Heads of Departments of Cardiology in Germany the mortality is up to 18% and the time to diagnosis 29±35 days. It is estimated that the incidence of IE is 3–10 episodes/100000 persons/year. Rheumatic valve disorders which were frequent risk factor in the past have been replaced by other risk factors such as degenerative valve disorders and intra-cardiac devices. In community-acquired native valve IE streptococci (47%) range in the first place followed by staphylococci (26%). In health-care associated native valve IE and prosthetic valve IE staphylococci are more frequent (58% resp. 40%). Time to diagnosis of S. aureus IE is significantly shorter (p<0.001) than for Non-aureus IE and mortality is significantly higher (S. aureus 22.4% vs. Non-aureus 14.6%; p<0.001). In patients with long-lasting fever of unknown origin or relapse after empirical antibacterial treatment endocarditis must be ruled out, especially if a heart murmur is present.

Fragen aus der Praxis

Daptomycin – Dosisanpassung bei übergewichtigen Patienten erforderlich?

Die Zahl übergewichtiger Menschen in Deutschland ist im Laufe der letzten Jahre gestiegen. Mittlerweile sind etwa 70% der erwachsenen Männer und 50% der erwachsenen Frauen übergewichtig oder adipös [8]. Bei der Anwendung von Arzneimitteln bei übergewichtigen Patienten kann je nach Eigenschaften des Arzneistoffs eine Dosisanpassung erforderlich sein. Dosierungen von Arzneimitteln werden beispielsweise auf das ideale Körpergewicht (ideal body weight; IBW) oder das Gesamtkörpergewicht (total body weight; TBW) bezogen. Bei übergewichtigen Patienten stellt sich die Frage, welches Gewicht als Grundlage für die Dosierung herangezogen werden soll. Eine routinemäßig applizierte Dosierung statt einer gewichtsadaptierten Dosierung kann zu subtherapeutischen Konzentrationen und einem potenziell schlechteren klinischen Ergebnis führen. Dagegen können bei einer Dosierung nach dem Gesamtkörpergewicht eine Überdosierung und eine Zunahme beziehungsweise Verstärkung von Nebenwirkungen nicht ausgeschlossen werden.
Muss bei Patienten mit Übergewicht oder Adipositas eine Dosisanpassung von Daptomycin (Cubicin®) vorgenommen werden?

Referiert & kommentiertDr. Barbara Ecker-Schlipf, Holzgerlingen

Tuberkolose

Hemmung der mykobakteriellen ATP-Synthase als neue Therapieoption

Über eine Hemmung der mykobakteriellen ATP-Synthase bietet das Diarylchinolin TMC207 einen neuen Mechanismus zur Behandlung der Tuberkulose. Zwischenergebnisse einer laufenden Phase-II-Studie belegen vielversprechende Ergebnisse bei mehrfachresistenter Tuberkulose.

Referiert & kommentiertBettina Christine Martini, Legau

Wirkstoff-freisetzende Stents

Duale antithrombotische Therapie für ein Jahr

Die optimale Dauer einer dualen antithrombotischen Therapie nach Implantation eines Wirkstoff-freisetzenden Stents ist bisher nicht bekannt. Eine aktuelle Studie zeigt keinen Nutzen für eine Therapie über mehr als ein Jahr. Dieses Ergebnis sollte aber noch in größeren Studien bestätigt werden.

Referiert & kommentiertBettina Christine Martini, Legau

Arzneimittel-beschichtete Stents der 2. Generation

Everolimus-Stent besser als Paclitaxel-Stent?

Bei 1800 nicht gesondert ausgewählten Patienten wurde in einem Zentrum randomisiert verglichen, ob Everolimus- oder Paclitaxel-freisetzende Stents mit Blick auf Wirksamkeit und Sicherheit nach einem Jahr bessere Ergebnisse liefern. Bei dem in der COMPARE-Studie definierten kombinierten primären Endpunkt waren Everolimus-freisetzende Stents überlegen.

Referiert & kommentiertDr. Barbara Kreutzkamp, Hamburg

Chronische Lebererkrankungen

Rifaximin beugt hepatischer Enzephalopathie vor

Das kaum resorbierbare Antibiotikum Rifaximin kann bei Patienten mit chronischer Lebererkrankung das erneute Auftreten einer hepatischen Enzephalopathie im Vergleich zu Plazebo deutlich vermindern. Die präventiven Effekte gehen über die einer Lactulose-Monotherapie hinaus, wie eine randomisierte, Plazebo-kontrollierte Doppelblindstudie zeigte.

Referiert & kommentiertProf. Dr. Hans-Christoph Diener, Essen

Schlaganfall

Epoetin beim akuten ischämischen Insult ohne neuroprotektive Wirkung

In einer Plazebo-kontrollierten, randomisierten multizentrischen Studie war Epoetin (EPO) bei der Behandlung des akuten ischämischen Insults nicht wirksam. In der Untergruppe der Patienten, die lysiert wurden, zeigte sich eine erhöhte Mortalität. In der Gruppe ohne Thrombolyse zeigte sich ein Trend zugunsten von Epoetin.

Referiert & kommentiertProf. Dr. Hans Christoph Diener, Essen

Diabetes mellitus Typ 2

Kombination Fibrat plus Statin ohne Vorteil für die Prävention vaskulärer Ereignisse

Die Kombination von Fenofibrat und Simvastatin ist gegenüber einer Simvastatin-Monotherapie nicht in der Lage, die Häufigkeit schwerwiegender kardiovaskulärer Ereignisse bei Patienten mit Diabetes mellitus Typ 2 zu verringern. Das ergab der Lipid-Arm der ACCORD-Studie.

Referiert & kommentiertProf. Dr. Hans Christoph Diener, Essen

Diabetes mellitus Typ 2

Aggressive Blutdrucksenkung erniedrigt das Risiko für Schlaganfall, aber nicht für andere …

Bei Patienten mit Diabetes mellitus Typ 2 und hohem Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse ist eine Blutdrucksenkung auf systolisch 120 mmHg für die Verhinderung des vaskulären Tods und kardiovaskulärer Ereignisse nicht wirksamer als eine Blutdrucksenkung auf 140 mmHg. Allerdings führte die aggressivere Blutdrucksenkung in der ACCORD-Studie zu einer Reduktion der Schlaganfallrate.

Referiert & kommentiertPetra Eiden, Berlin

Rheumatoide Arthritis

"Nachtcorticoid" bessert Krankheitsverlauf

Prednison MR (Lodotra®) wurde im Frühjahr 2009 in Deutschland für die Behandlung der mäßigen bis schweren rheumatoiden Arthritis, insbesondere bei Morgensteifigkeit, eingeführt. Inzwischen liegen die Ergebnisse einer zweiten großen Studie vor, in der das Glucocorticoid erstmals mit Plazebo verglichen wurde. Die Daten, die bei einem Pressegespräch der Firma Merck Serono vorgestellt wurden, bestätigen eine schnelle und signifikante Verbesserung des Krankheitsverlaufs.

Referiert & kommentiertDr. Claudia Bruhn, Schmölln

Therapie starker Schmerzen

Tapentadol: neue Substanz mit dualem Wirkprinzip

Bei der Behandlung von Patienten mit chronischen Schmerzen besteht nach Aussage vieler Experten weiterhin Optimierungsbedarf. Eine Neuentwicklung ist Tapentadol, ein zentral wirksames Analgetikum, das einen Agonismus am My-Opioid-Rezeptor mit einer Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmung vereinigt. Der Wirkstoff wurde bei einem Symposium der Firma Grünenthal im Rahmen des Schmerzkongresses 2009 in Berlin vorgestellt.

Referiert & kommentiertReimund Freye, Baden-Baden

Lipidsenkende Therapie

Viel erreicht – aber noch mehr möglich

Die Erfolge der Lipidtherapie in Bezug auf eine Senkung kardiovaskulärer Risiken sind beträchtlich, aber durchaus noch zu steigern. Bei einem Symposium der Firma MSD Sharp & Dohme im Rahmen der 76. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie (DGK) in Mannheim wurden aktuelle und mögliche zukünftige Strategien angesprochen.

Referiert & kommentiertDr. Barbara Kreutzkamp, Hamburg

Personalisierte Therapie des NSCLC

REASON sammelt Daten zu EGFR-Mutationen bei Kaukasiern

Patienten mit nichtkleinzelligem Bronchialkarzinom (NSCLC) mit positivem EGFR-Mutationsstatus profitieren von der Behandlung mit EGFR-Tyrosinkinase-Inhibitoren wie Gefitinib. Um die Daten zur Prävalenz dieser Mutationen beim NSCLC sowie über die Zusammenhänge zwischen EGFR-Mutation und klinisch-pathologischen Eigenschaften der Patienten für kaukasische Patienten zu erhalten, wurde die REASON-Studie initiiert. Sie wurde im Dezember 2009 bei einem Pressegespräch der Firma AstraZeneca in Hamburg vorgestellt.

Referiert & kommentiert: Kongresse, Symposien, KonferenzenAndrea Warpakowski, Itzstedt, Red.

HBV-Reinfektionsprophylaxe

Erstes subkutan injizierbares Hepatitis-B-Immunglobin

Seit Anfang 2010 können HBV-DNS-negative Patienten, deren Lebertransplantation wegen einer HBV-assoziierten Lebererkrankung seit mindestens sechs Monaten zurückliegt, die Erhaltungstherapie der Reinfektionsprophylaxe erstmals selbst zu Hause durchführen. Die Anwendung des subkutan injizierbaren Hepatitis-B-Immunglobulin Zutectra® wurde bei einem Symposium der Firma Biotest im Rahmen der Jahrestagung der European Association for the Study of the Liver (EASL) im April in Wien vorgestellt.
Zum Beitrag „Mukoviszidose: Aztreonam als neues inhalierbares Antibiotikum“ (Arzneimitteltherapie 2010;28[6]:215–7):