Was gibt es Neues beim Schlaganfall?
Diese Übersichtsarbeit informiert über Studienergebnisse des vergangenen Jahres zum Thema ischämischer und hämorrhagischer Schlaganfall und stellt Konferenzbeiträge der Internationalen und Europäischen Schlaganfallkonferenz 2010 vor, die teilweise noch nicht publiziert worden sind. Hervorzuheben sind die inzwischen veröffentlichten Ergebnisse der ICSS- und CREST-Studien, in denen randomisiert die Karotis-Thrombendarteriektomie und das Karotisstenting verglichen wurden. In der ICSS-Studie war die Karotis-Thrombendarteriektomie dem Karotisstenting bei symptomatischen Karotisstenosen in dem bisher analysierten 120-Tage-Zeitraum hinsichtlich Schlaganfall, Tod und periprozeduralem Herzinfarkt überlegen. In CREST wurden Patienten mit asymptomatischen und symptomatischen ≥70%igen Karotisstenosen eingeschlossen. Hier zeigte sich kein signifikanter Behandlungsunterschied hinsichtlich des primären kombinierten Endpunkts (periprozeduraler Schlaganfall, Myokardinfarkt oder Tod und ipsilateraler Schlaganfall innerhalb von vier Jahren nach dem Eingriff). Bei Patienten unter 70 Jahren war die periprozedurale Komplikationsrate signifikant niedriger beim Stenting und bei Patienten über 70 Jahre signifikant niedriger bei der Operation.
Weiterhin gibt es kein Neuroprotektivum beim ischämischen Schlaganfall, auch Erythropoetin war nicht wirksam.
Mit dem direkten Thrombininhibitor Dabigatran steht möglicherweise bald eine Alternative zu Vitamin-K-Antagonisten für die Schlaganfallprophylaxe bei Vorhofflimmern zur Verfügung. In der RE-LY-Studie war die niedrige Dosis von Dabigatran genauso wirksam wie Warfarin, die höhere Dosis signifikant wirksamer. Die Rate schwerwiegender Blutungskomplikationen war zwischen Warfarin und der höheren Dosis von Dabigatran vergleichbar und bei der niedrigeren Dosis signifikant geringer.
Wie die früheren Studien konnte auch die große industrieunabhängige VITATOPS-Studie keine Wirksamkeit von B-Vitaminen in der Schlaganfallsekundärprophylaxe zeigen.
Arzneimitteltherapie 2010;28:371–80.
English abstract
What’s new in stroke?
The results of recently published trials dealing with ischaemic and haemorrhagic stroke and conference proceedings from the International and the European Stroke conference 2010 are presented. Carotid endarterectomy was compared with carotid stenting in two trials, the International Carotid Stenting Study (ICSS) and the North American Carotid Revascularization Endarterectomy vs. Stenting Trial (CREST). The incidence of stroke, death, or procedural myocardial infarction during the first 120 days was significantly lower in the endarterectomy group in ICSS. CREST randomly assigned patients with symptomatic or asymptomatic carotid stenosis ≥70% and did not show a significant difference in the estimated 4-year rates of the combined end point stroke, myocardial infarction, or death from any cause during the periprocedural period or any ipsilateral stroke within 4 years. However, periprocedural complication rates were significantly lower in patients aged <70 years treated with stenting and in patients >70 years treated with endarterectomy. There is still no neuroprotective agent available in ischaemic stroke. Erythropoietin also failed to be efficacious. The direct thrombin inhibitor dabigatran might soon be used as an alternative to vitamin-K-antagonists in patients with atrial fibrillation. In the randomised RE-LY trial, dabigatran given at a lower dose was associated with rates of stroke and systemic embolism that were similar to those associated with warfarin, as well as lower rates of major haemorrhage. Dabigatran administered at a higher dose was associated with lower rates of stroke and systemic embolism but similar rates of major haemorrhage. Similar to previous randomised trials, the investigator-initiated Vitamins to Prevent Stroke (VITATOPS) trial found no significant benefit for secondary stroke prevention to supplementation with B vitamins.
Key words: Stroke, acute therapy, stroke prevention, carotid stenosis, intracranial haemorrhage
Pazopanib beim fortgeschrittenen Nierenzellkarzinom
Neuer oraler Angiogenese-Hemmstoff mit verändertem Nebenwirkungsprofil
Pazopanib ist neben Sunitinib und Sorafenib der dritte Vertreter der oral anwendbaren Inhibitoren der VEGF- und PDGF-Rezeptor-assoziierten Tyrosinkinase. Aufgrund der klinischen Studienergebnisse ist Pazopanib sowohl in der Erstlinientherapie als auch bei Zytokin-vorbehandelten Patienten mit fortgeschrittenem Nierenzellkarzinom einsetzbar. Mit der empfohlenen Dosis von einmal täglich 800 mg wurde eine vergleichbare Wirksamkeit wie mit Sunitinib in der Erstlinientherapie erreicht, allerdings treten dermatologische Toxizitäten, Mukositis/Stomatitis, Fatigue und Neutropenien unter Pazopanib deutlich seltener auf. Zu beachten ist die sehr häufig vorkommende Wirkstoffklassen-assoziierte Veränderung der Leberwerte, die regelmäßige Kontrollen unter Pazopanib und Sunitinib erfordert.
Arzneimitteltherapie 2010;28:383–91.
English abstract
Pazopanib in advanced renal cell carcinoma
Novel oral inhibitor of angiogenesis with a different toxicity profile
Besides sunitinib and sorafenib, pazopanib represents the third congener of the orally available inhibitors of the VEGF- and PDGF-receptor-associated tyrosine kinase. Based on the phase-III-study results, pazopanib can be used in previously untreated as well as cytokine-pretreated patients with advanced renal cell carcinoma (RCC). Similar clinical efficacy was achieved with 800 mg p. o. once daily compared to sunitinib during first-line treatment of RCC. Whereas the incidence of dermatologic toxicity, mucositis/stomatitis, fatigue as well as neutropenia appears to be clearly lower with pazopanib, during treatment with pazopanib and sunitinib close monitoring of liver function is mandatory based on very frequently observed increases of liver enzymes due to class related effects.
Key words: Pazopanib, renal cell carcinoma, indications, clinical pharmacokinetics, spectrum of side effects
Pharmakovigilanz
Arzneimittelinteraktionen aktuell
An dieser Stelle informieren wir Sie kurz über aktuelle Veröffentlichungen zu therapierelevanten Arzneimittelwechselwirkungen
Aseptische Operationen
Müssen die Leitlinien zur perioperativen Antibiotikaprophylaxe neu geschrieben werden?
Postoperative Infektionen im OP-Gebiet stellen eine zwar seltene, aber für den betroffenen Patienten außerordentlich belastende Komplikation chirurgischer Eingriffe dar. Ein Infektionsrisiko besteht bei nahezu jeder Art von Eingriff, da bereits die Durchtrennung der Haut die Möglichkeit einer Verschleppung von residenten Hautkeimen in primär sterile Körperbereiche mit sich bringt. Neben diesen sogenannten endogenen Infektionen können während einer Operation jedoch auch exogene Erreger aus dem Umfeld eines Operationssaals eine Infektion verursachen. Die Vermeidung derartiger Infektionen erfordert selbstverständlich in allererster Linie eine konsequente Einhaltung der einschlägigen Hygieneregeln.
Blutzuckerkontrolle
Liraglutid wirksamer als Sitagliptin
Bei Typ-2-Diabetikern, die mit Metformin ungenügend eingestellt sind, wird durch zusätzliche Gabe von Liraglutid im Vergleich mit Sitagliptin eine bessere Diabeteskontrolle erzielt. Das ist das Ergebnis einer offenen, randomisierten Vergleichsstudie.
Pulmonal-arterielle Hypertonie
Bosentan steht auch Kindern zur Verfügung
Eine gefürchtete Komplikation bei Kindern mit einem angeborenen Herzfehler ist die pulmonal-arterielle Hypertonie. Für die Betroffenen bedeutet diese nicht nur eine Einschränkung der Lebensqualität, sondern auch eine Einschränkung der Prognose quoad vitam. Mit dem Endothelin-Rezeptorantagonisten Bosentan (Tracleer®) steht ein Medikament für die Behandlung dieses Krankheitsbildes zur Verfügung, das seit Juli 2009 auch in einer pädiatrischen Formulierung zugelassen ist. Die Studiendaten wurden auf einem von der Fa. Actelion Pharmaceuticals veranstalteten Satellitensymposium im Rahmen der 42. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Pädiatrische Kardiologie am 3. Oktober 2010 in Weimar vorgestellt.
Vorhofflimmern
Vernakalant: Ein neuartiges Antiarrhythmikum
Mit Vernakalant (Brinavess®) wurde im September 2010 ein neuartiges Antiarrhythmikum zur Behandlung von Vorhofflimmern zugelassen. Intravenös verabreicht ermöglicht Vernakalant bei Patienten mit seit Kurzem bestehendem Vorhofflimmern die rasche Kardioversion in den Sinusrhythmus. Die Daten der zulassungsrelevanten Studien wurden bei einem von der Firma MSD Sharp & Dohme veranstalteten Symposium im Oktober 2010 im Rahmen der Herbsttagung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie (DGK) in Nürnberg vorgestellt.
Insulintherapie-Regime im Vergleich
Weniger Hypoglykämien unter Insulindetemir
Im Rahmen der 4-T-Studie wurden drei verschiedene Regime für den Einstieg in eine Insulintherapie miteinander verglichen, nämlich eine konventionelle Insulintherapie, eine prandiale Insulintherapie und eine Therapie mit einem langwirksamen Basalinsulin. Mit allen drei Strategien konnte nach drei Jahren eine gute glykämische Kontrolle erreicht werden. Allerdings waren die Inzidenz von Hypoglykämien und die Gewichtszunahme unter dem Basalinsulin Insulindetemir geringer, so das Fazit eines von der Firma NovoNordisk Pharma veranstalteten Symposiums im Rahmen der 45. Jahrestagung der Deutschen Diabetes-Gesellschaft in Stuttgart [2].
Angiogenese- und mTOR-Hemmer
Neue Therapieansätze bei Patienten mit Weichteilsarkomen
Als neue Therapieansätze werden derzeit bei Patienten mit Weichteilsarkomen in fortgeschrittenen Stadien der klinischen Prüfung der Angiogenesehemmer Pazopanib sowie der mTOR-Hemmer Ridaforolimus untersucht. Die beiden Substanzen wurden bei einem Symposium von MSD Sharp & Dohme während der DGHO-Jahrestagung in Berlin Anfang Oktober 2010 vorgestellt.