Eisensubstitution: ein heißes Eisen
Altersepilepsien
Der Anteil von Patienten mit Epilepsie steigt mit dem Alter und aufgrund der Demographie wird die Prävalenz von Altersepilepsie zunehmen. Die nachfolgende Übersicht beschreibt die wichtigsten klinischen und therapeutischen Erkenntnisse bei Patienten mit Epilepsie im Alter. Systematische Übersichtsarbeiten, Metaanalysen oder Leitlinien liegen zu dem Thema nicht vor, und es gibt nur drei randomisierte doppelblinde Therapiestudien bei Altersepilepsie. Zwei Probleme stehen bei Epilepsien im Alter im Vordergrund. Zum einen werden epileptische Anfälle klinisch im Alter häufig nicht erkannt, da Anfallsvorgefühle (Auren) und der Übergang in generalisierte tonisch-klonische Anfälle seltener sind als bei jungen Patienten. Plötzliche Bewusstseinsstörungen kommen im Alter häufiger vor, was die Differenzialdiagnose erschwert. Zum anderen ist es weniger die medikamentöse Therapieresistenz, wie bei einem Drittel der jungen Patienten, als die häufige Komorbidität, multiple Pharmakotherapie und eingeschränkte Verträglichkeit durch die erhöhte Empfindlichkeit des alten Menschen, die ein vorsichtigeres Vorgehen erfordert. Hier ist insbesondere auf Wechselwirkungen zwischen den verschiedenen Medikamenten zu achten. Epileptische Anfälle scheinen im Alter besser durch Medikamente kontrollierbar zu sein als bei jungen Patienten. Die Therapie ist aber erschwert durch Neben- und Wechselwirkungen, weswegen eine sichere Diagnose unabdingbar und der Einsatz moderner Antiepileptika oft notwendig ist.
Arzneimitteltherapie 2009;27:227–32.
English abstract
Epilepsy in the elderly
The incidence of epilepsy increases with age and current demographic trends will further increase the prevalence of epilepsy in the elderly. Here, we summarize the most relevant clinical and therapeutic findings in elderly patients with epilepsy. Systematic reviews, meta-analyses, or guidelines for this topic are missing and there are only three randomized controlled trials in epilepsy of the elderly. Two problems in elderly patients with epilepsy are in the foreground. On the one hand, seizures in the elderly may be missed clinically, since warning signs (auras) and seizure evolution into generalized tonic-clonic seizures are rarer in old people. Sudden loss of consciousness occurs more frequently with increasing age, challenging differential diagnosis. On the other hand, it is not so much resistance to medical treatment, as in one third of young patients, but frequent comorbidities, multiple drug therapy and limited drug tolerance due to increased sensitivity that requires a more cautious approach. Especially drug interactions need to be looked after. Epileptic seizures in the elderly seem to be better controlled by drugs than in young people. Therapy is hampered by side effects and drug interactions making a definite diagnosis indispensable and bringing on the need to use newer generation antiepileptic drugs.
Keywords: Epilepsy, elderly, antiepileptic drugs.
Botulinumtoxin – Möglichkeiten und Grenzen der klinischen Anwendung
Das vom grampositiven Bakterium Clostridium botulinum gebildete Botulinumtoxin (BT) war bis in die 1970er Jahre hinein hauptsächlich als Ursache einer in den Industrienationen heute seltenen Lebensmittelintoxikation (Botulismus) bekannt. In den letzten drei Jahrzehnten hat sich das Botulinumtoxin zu einem Standardtherapeutikum in der Neurologie und einem wichtigen Medikament in vielen anderen medizinischen Fachgebieten entwickelt. Unter den in Deutschland zugelassenen BT-Indikationen gilt Botulinumtoxin A (BT-A) bei der Behandlung zervikaler Dystonien, des Blepharospasmus und des Spasmus hemifacialis mittlerweile als etabliertes Therapeutikum der ersten Wahl. Darüber hinaus ist Botulinumtoxin A in Deutschland zur Behandlung bestimmter Spastikformen, für die Therapie der axillären Hyperhidrose sowie in der ästhetischen Medizin für die Korrektur von Glabellafalten zugelassen und zeigt bei diesen und einer Reihe „Off-Label“-Indikationen eine gute Wirksamkeit. Zu den neueren Einsatzmöglichkeiten gehört die BT-A-Intradetrusor-Injektion für die Behandlung der überaktiven Blase. Ein möglicher Nutzen von Botulinumtoxin A als Migräneprophylaktikum ist derzeit noch nicht sicher zu beurteilen.
Arzneimitteltherapie 2009;27:233–40.
English abstract
Botulinum toxin – options and limitations in clinical use
Until the 1970s, botulinum toxin (BT), produced by the gram-positive bacterium Clostridium botulinum, has been predominantly recognized as the cause of botulism, a form of food poisoning that is currently rare in developed countries. During the last three decades, botulinum toxin has been established as a standard medicine in neurology and an important drug in several other medical fields. Concerning the approved BT indications in Germany, botulinum toxin A (BT type A) is regarded the drug of first choice for treatment of cervical dystonies, blepharospasm and hemifacial spasm. In addition, BT type A has been approved in Germany for the therapy of certain forms of spasticity, axillary hyperhidrosis and, in cosmetic medicine, for treatment of skin wrinkles. In these and several off label indications, BT shows good efficacy. One novel therapeutic approach is the intradetrusor injection of BT type A for the treatment of overactive bladder. Suitability of BT type A for the prevention of migraine is under investigation.
Keywords: Botulinum toxin, clinical application, therapy, cervical dystonies, blepharospasm, hemifacial spasm, spasticity, hyperhidrosis, skin wrinkles, overactive bladder, migraine
Helicobacter pylori und gastroduodenale Ulkuskrankheit
Zusammenfassung der S3-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) in Zusammenarbeit mit der Deutschen Gesellschaft für Hygiene und Mikrobiologie, Gesellschaft für Pädiatrische Gastroenterologie und Ernährung e.V., Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie
Die Leitlinie aktualisiert eine frühere Konsensusempfehlung der Deutschen Gesellschaft für Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) aus dem Jahr 1996. Sie wurde interdisziplinär in Zusammenarbeit mit Vertretern der Deutschen Gesellschaft für Hygiene und Mikrobiologie, der Gesellschaft für Pädiatrische Gastroenterologie und Ernährung e.V. und der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie erstellt. Die Leitlinie basiert auf den Empfehlungen der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) für eine systematische evidenzbasierte Konsensus-Leitlinie der Entwicklungsstufe S3 und hat auch die Bewertungskriterien der GRADE (Grading of recommendations assessment, development and evaluation) implementiert. Dieser Artikel fasst die wesentlichen Empfehlungen der Leitlinie zu folgenden Aspekten zusammen: Diagnostik der H.-pylori-Infektion; Indikationen zur H.-pylori-Eradikation; Durchführung der Eradikationstherapie; nicht mit H. pylori assoziierte gastroduodenale Ulkuserkrankungen.
Arzneimitteltherapie 2009;27:241–5.
English abstract
Helicobacter pylori and gastroduodenal ulcer – summary of the guideline of the German Society for Digestive and Metabolic Diseases (DGVS)
This guideline updates a prior concensus recommendation of the German Society for Digestive and Metabolic Diseases (DGVS) from 1996. It was developed by an interdisciplinary cooperation with representatives of the German Society for Microbiology, the Society for Pediatric Gastroenterology and Nutrition (GPGE) and the German Society for Rheumatology. The guideline is methodologically based on recommendations of the Association of the Scientific Medical Societies in Germany (AWMF) for providing a systematic evidence-based consensus guideline of S3 level and has also implemented grading criteria according to GRADE (Grading of Recommendations Assessment, Development and Evaluation). This article summarizes the relevant recommendations of the guideline to the following aspects: diagnosis of H. pylori infection; indication for eradication therapy; eradication therapy; not with H. pylori associated gastroduodenal ulcers.
Keywords: Helicobacter pylori, gastroduodenal ulcer, ulcer disease
Akute Pankreatitis durch Exenatid?
Ein 64-jähriger Mann, bei dem vor 15 Jahren ein Diabetes mellitus Typ 2 diagnostiziert wurde, klagt über Bauchschmerzen. Aus der Medikamentenanamnese ist bekannt, dass er seit mehreren Jahren Metformin und Pioglitazon einnimmt. Die Blutzuckerwerte waren trotz Dosissteigerung der Antidiabetika nicht optimal eingestellt. Vor fünf Tagen wurde Exenatid mit 5 µg, zweimal täglich subkutan appliziert, zukombiniert. Die jetzt aufgetretenen Bauchschmerzen sind epigastrisch lokalisiert und strahlen in den Rücken aus. Es besteht kein Fieber, ein regelmäßiger Alkoholkonsum wird von dem Patienten verneint. Die Serumamylase-Aktivität beträgt 379 U/l (Referenzbereich 0–130 U/l) und die Serumlipase-Aktivität 352 U/l (Referenzbereich 0–160 U/l). Eine Cholelithiasis konnte durch eine sonographische Untersuchung ausgeschlossen werden. In Anbetracht der laborchemischen Befunde und des sonographischen Bilds wurde die Arbeitsdiagnose einer akuten Pankreatitis gestellt.
Chronische Herzinsuffizienz
Eisen erhöht möglicherweise die Belastbarkeit
Eine kleine randomisierte klinische Studie ergab Hinweise auf eine Verbesserung der Symptomatik einer Herzinsuffizienz durch eine intravenöse Eisen-Substitutionstherapie. Noch muss diese Therapieoption aber als experimentell angesehen werden.
Restless-Legs-Syndrom
Gabapentinabkömmling XP13512/GSK1838262 lindert die Beschwerden
XP13512/GSK1838262, ein modifiziertes Gabapentinmolekül, ist bei der Behandlung des Restless-Legs-Syndrom in einer einmal täglichen Gabe gut wirksam, wie eine randomisierte, Plazebo-kontrollierte Doppelblindstudie zeigte.
Schmerztherapie
Capsaicin-Pflaster bei der Behandlung der postherpetischen Neuralgie wirksam
In einer multizentrischen, doppelblinden, randomisierten Studie führte die 60-minütige Anwendung eines hoch dosierten Capsaicin-Pflasters (NGX-4010, QutenzaTM) bei postherpetischer Neuralgie zu einer schnellen und lang anhaltenden Schmerzreduktion. Mit Ausnahme von Lokalreaktionen zeigten sich keine relevanten Nebenwirkungen.
Koronare Herzkrankheit
Entmutigende Ergebnisse der EUROASPIRE-III-Studie
Die praktische Umsetzung der von den europäischen Fachgesellschaften herausgegebenen Leitlinien zur Sekundärprävention der Herz-Kreislauf-Krankheiten gelingt nur unzureichend, wie die EUROASPIRE-Erhebung ergab.
PBT2 zur Behandlung der Alzheimer-Krankheit: Eine Phase-II-Therapiestudie
PBT2 ist ein Komplexbildner, der Kupfer- und Zink-Ionen abfängt und so die bei der Alzheimer-Krankheit relevante, durch Kupfer und Zink vermittelte Oligomerisierung von Amyloid-beta (Aβ) hemmt. Sicherheit und Verträglichkeit von PBT2 sowie dessen Einfluss auf verschiedene Biomarker der Alzheimer-Krankheit wurden in einer kleinen, randomisierten, doppelblinden, Plazebo-kontrollierten Phase-II-Studie untersucht.
Juvenile idiopathische Arthritis
Lang anhaltende Besserung durch Adalimumab
Der Anti-TFN-α-Antikörper Adalimumab ist auch bei Kindern und Jugendlichen mit einer rheumatoiden Arthritis wirksam, sowohl mit als auch ohne zusätzliche Methotrexat-Gabe. Das Ansprechen kann über zwei Jahre aufrechterhalten werden. Als schwere unerwünschte Arzneimittelwirkungen werden unter anderem Infektionen beobachtet. Diese Ergebnisse führten zur Zulassungserweiterung von Adalimumab im August 2008 zur Behandlung der polyartikulären juvenilen idiopathischen Arthitis bei Jugendlichen im Alter von 13 bis 17 Jahren.
Rheumatoide Arthritis
Erhöhtes Herpes-zoster-Risiko bei Anti-TNF-alpha-Therapie?
Die Behandlung von Patienten mit rheumatoider Arthritis mit Tumornekrosefaktor-(TNF-)alpha-Blockern geht wahrscheinlich mit einem erhöhten Risiko von Herpes-zoster-Erkrankungen einher. Nach einer Analyse des deutschen Biologika-Registers ergab sich für die monoklonalen Antikörper Adalimumab und Infliximab ein erhöhtes Risiko im Vergleich zur Behandlung mit Basistherapeutika. Bei Etanercept war dies nicht der Fall.
Pharmakovigilanz
Arzneimittelinteraktionen aktuell
An dieser Stelle informieren wir Sie kurz über aktuelle Veröffentlichungen zu therapierelevanten Arzneimittelwechselwirkungen.
Diabetiker mit asymptomatischer pAVK
Kein kardiovaskulärer Schutz durch Primärprävention mit ASS und Antioxidanzien
Eine große Plazebo-kontrollierte Studie mit Patienten mit Diabetes mellitus und asymptomatischer peripherer arterieller Verschlusskrankheit (pAVK) ergab keine Hinweise auf primärpräventive Effekte von Acetylsalicylsäure (ASS) und Antioxidanzien auf die kardiovaskuläre Morbidität und Mortalität.
Schubförmige multiple Sklerose
Zusatznutzen durch die Kombination von Immunsuppressiva?
In einer randomisierten Studie bei Patienten mit schubförmiger multipler Sklerose (MS) unter einer immunmodulatorischen Therapie von Interferon beta-1a ergab sich kein zusätzlicher Nutzen durch die Gabe von Methotrexat oder regelmäßigen hoch dosierten Glucocorticoidstößen.
Zusätzliche Gabe von Cetuximab in der First-Line-Therapie nicht sinnvoll
Als Erstlinientherapie des metastasierten kolorektalen Karzinoms wird aktuell eine Fluoropyrimidin-basierte Chemotherapie in Kombination mit dem VEGF-Antikörper Bevacizumab empfohlen. Die Zugabe eines weiteren „Biological“, des EGF-Antikörpers Cetuximab, scheint dagegen die Effektivität nicht zu verbessern, wie die Ergebnisse einer Phase-III-Studie zeigen.
Multiple Sklerose
Intramuskuläres Interferon beta-1a: frühe Therapie modifiziert den Krankheitsverlauf
Eine früh einsetzende Behandlung kann den natürlichen Verlauf der multiplen Sklerose (MS) verlangsamen. Dies wurde für intramuskulär appliziertes Interferon beta-1a (Avonex®) in verschiedenen Studien nachgewiesen. Die aktuelle Datenlage wurde im Rahmen des World Congress on Treatment and Research in Multiple Sclerosis in Montreal (Kanada) im September 2008 auf einem von der Firma Biogen-Idec veranstalteten Satellitensymposium präsentiert.
Multiple Sklerose
BENEFIT-Studie: Krankheitsverzögerung durch frühzeitige Therapie mit Interferon beta-1b
Eine frühzeitige Behandlung mit Interferon beta-1b bereits nach einem ersten klinischen Multiple-Sklerose(MS)-Schub senkt sowohl das Risiko für das Auftreten eines zweiten MS-Schubs, und damit einer klinisch gesicherten MS, als auch das Risiko für bleibende körperliche Behinderungen. Das bestätigten die Ergebnisse der 5-Jahres-Daten der BENEFIT-Studie, die auf einer Pressekonferenz der Firma Bayer Vital GmbH im November 2008 in Leverkusen vorgestellt wurden.
MONICA
Montelukast verbessert Krankheitskontrolle bei Glucocorticoid-pflichtigem Asthma bronchiale
Die Kombination des Leukotrienrezeptorantagonisten Montelukast (Singulair®) mit inhalierbaren Glucocorticoiden und/oder lang wirkenden Beta2-Sympathomimetika kann bei zuvor unzureichend kontrollierten Patienten die Kontrolle des Asthma bronchiale und die Lebensqualität signifikant verbessern. Dies ergab die MONICA-Studie (Montelukast in chronic asthma) mit 1681 Patienten, deren 6-Monatsergebnisse bei einem Symposium von MSD SHARP & DOHME GmbH, Haar, beim Pneumologenkongress in Mannheim vorgestellt wurden.