Onkologische Kardiologie
Das neue Fachgebiet der Kardiologie
Die Onkologische Kardiologie hat in den letzten Jahren eine rasante Entwicklung und enormes Wachstum als neues Fachgebiet der Kardiologie gezeigt. Viele onkologische Therapien, darunter klassische Chemotherapien, zielgerichtete Therapien, Immuntherapien und hormonelle Therapien, führen zu kardiovaskulären Nebenwirkungen, die mit einer erhöhten Morbidität und Mortalität verbunden sein können. Die kardiovaskuläre Toxizität dieser Therapien spiegelt das gesamte Spektrum der kardiologischen Erkrankungen wider: kardiale Dysfunktion und Herzinsuffizienz, Myokarditis, Herzrhythmusstörungen sowie QTc-Zeit-Verlängerung, vaskuläre Toxizität wie Myokardinfarkt und Lungenembolie sowie die Entwicklung einer arteriellen Hypertonie. Es stehen bereits detaillierte Protokolle zur Risikoeinschätzung vor Therapiestart, zur Überwachung während der Therapie und zur langzeitlichen Nachbeobachtung der Krebsüberlebenden zur Verfügung. Es ist zwingend erforderlich, eine umfassende Managementstrategie für onkologische Patienten zu erstellen, idealerweise in Zentren mit Spezialisierung im Bereich der Onkologischen Kardiologie. Durch die Vermeidung und Reduktion kardiovaskulärer Komplikationen soll onkologischen Patienten die bestmögliche onkologische Therapie uneingeschränkt ermöglicht werden.
Arzneimitteltherapie 2024;42:176–85.
English abstract
Cardio-oncology. A new specialty of cardiology
Cardio-oncology has shown a rapid development and growth as a new specialty of cardiology in the last years. Many oncological therapies such as classical chemotherapies, targeted therapies, immunotherapies and hormonal therapies lead to cardiovascular side effects that can be associated with increased morbidity and mortality. The cardiovascular toxicity of these therapies reflects the entire spectrum of cardiac diseases: cardiac dysfunction and heart failure, myocarditis, cardiac arrhythmias and QTc prolongation, vascular toxicity such as myocardial infarction and pulmonary embolism, as well as the development of arterial hypertension. Detailed protocols for the risk assessment before starting therapy, for monitoring during therapy and for long-term follow-up of cancer survivors are already available. These protocols will contribute to the reduction of cardiovascular toxicity in this patient population. It is imperative to create a comprehensive management strategy for oncology patients, ideally in centers specialized in cardio-oncology.
Key words: cardiology; cardio-oncology; cardiovascular toxicity; oncology
Subkutane Applikation von Antikörpern in der klinischen Onkologie
Rückblick, Status quo und Perspektiven
In den letzten Jahren hat die subkutane (s. c.) Gabe von monoklonalen Antikörpern (MAB) in der klinischen Onkologie erheblich an Fahrt aufgenommen. Gerade am Beispiel des Anti-CD38-Antikörpers Daratumumab wurde eindrucksvoll gezeigt, wie die s. c. Gabe nicht nur mit einer erheblichen Zeitersparnis verbunden ist, sondern auch Vorteile in der Patientenpräferenz mit sich bringt, infusions-assoziierte Reaktionen vermeidet und Probleme eines i. v. Zugangs umgeht. Allerdings sind durch die veränderte Pharmakokinetik und reduzierte absolute Bioverfügbarkeit nach s. c. Gabe bei vielen MAB höhere Absolutmengen gegenüber einer i. v. Gabe erforderlich. Gleichzeitig ist häufig die Bildung von Anti-Drug-Antikörpern erhöht. Dieser Nebeneffekt scheint bisher allerdings klinisch wenig relevant zu sein. Insbesondere bei den Checkpoint-Inhibitoren sind inzwischen mehrere klinische Studien zu deren s. c. Gabe abgeschlossen, der PD-L1-Inhibitor Atezolizumab zur s. c. Gabe bereits zugelassen. Absehbar wird eine Erleichterung der s. c. Applikation entsprechend visköser Lösungen über mehrere Minuten durch geeignete On-Body-Delivery-Systeme in Aussicht gestellt.
Arzneimitteltherapie 2024;42:187–95.
English abstract
Subcutaneous application of antibodies in clinical oncology
Subcutaneous administration of monoclonal antibodies (MAB) is of raising value in clinical oncology. Especially in the case of the anti CD38 MAB daratumumab impressive time saving, as well as advantages regarding patients’ preferences, avoided infusion-related reactions and the renouncement of an intravenous access have been underlined. However, pharmacokinetic differences between i. v. and s. c. administration of MAB have to be kept in mind, esp. reduced absolute bioavailability and thus higher needed amounts of MAB to be s. c. applied. In addition, the formation of anti-drug-antibodies has been shown to be increased by s. c. route, which, however, does not appear to be of clinical relevance. Regarding the spectrum of checkpoint inhibitors, besides several ongoing clinical trials, atezolizumab has been approved for s. c. application. In the near future, On-body Delivery Systems (OBDS) are expected to make s. c. administration of viscous MAB-containing solutions easier.
Key words: checkpoint inhibitor; monoclonal antibody; pharmacokinetics; subcutaneous
Amivantamab
Bispezifischer Antikörper zur Therapie des nichtkleinzelligen Lungenkarzinoms
Der bispezifische Antikörper Amivantamab ist sowohl in Kombination mit Carboplatin und Pemetrexed für die Erstlinientherapie des fortgeschrittenen nichtkleinzelligen Lungenkarzinoms mit aktivierender Exon-20-Insertionsmutation von EGFR als auch als Monotherapie nach Versagen einer Platin-basierten Behandlung in derselben Indikation zugelassen. Die Substanz wird als Infusion verabreicht. In der PAPILLON-Studie verlängerte sich das progressionsfreie Überleben unter Amivantamab plus Chemotherapie gegenüber alleiniger Chemotherapie bei zuvor unbehandelten Erkrankten signifikant. Häufigste Nebenwirkungen unter einer Amivantamab-Monotherapie waren in klinischen Studien Ausschlag, Reaktionen im Zusammenhang mit einer Infusion, Nageltoxizität und Hypoalbuminämie. Unter der Kombination aus Amivantamab und Chemotherapie kam es am häufigsten u. a. zu Ausschlag, Nageltoxizität, Stomatitis, Reaktionen im Zusammenhang mit einer Infusion und Hypoalbuminämie.
Arzneimitteltherapie 2024;42:196–9.
English abstract
Amivantamab
The bispecific antibody amivantamab is approved both in combination with carboplatin and pemetrexed for the first-line treatment of advanced non-small cell lung cancer with activating exon 20 insertion mutation of EGFR, and as monotherapy after failure of platinum-based treatment in the same indication. The substance is administered as an infusion. In the PAPILLON study, progression-free survival was significantly prolonged with the combination of amivantamab plus chemotherapy compared to chemotherapy alone in previously untreated patients. The most common side effects of amivantamab monotherapy in clinical studies were rash, infusion-related reactions, nail toxicity, and hypoalbuminemia. With the combination of amivantamab and chemotherapy, the most common side effects included rash, nail toxicity, stomatitis, infusion-related reactions, and hypoalbuminemia.
Key Words: Amivantamab, bispecific antibody, non small cell lung cancer, EGFR, exon-20, PAPILLON
Schwannomatose
Brigatinib zur Therapie von progredienten Tumoren bei Neurofibromatose Typ 2
Mit einem Kommentar des Autors
In einer Beobachtungsstudie in den USA führte eine Behandlung mit dem Tyrosinkinaseinhibitor Brigatinib in einer vorbehandelten Kohorte von Patienten mit progredienten Tumoren (Neurinome, Meningeome) bei einigen Patienten zu einem radiologischen Ansprechen.
Amyotrophe Lateralsklerose (ALS)
ORARIALS-01: Arimoclomol bei Patienten mit ALS nicht wirksamer als Placebo
Mit einem Kommentar des Autors
In einer Placebo-kontrollierten Studie an Patienten mit früher Manifestation einer ALS hatte der Hitzeschockprotein-70-Inducer Arimoclomol keinen Einfluss auf den Verlauf der Erkrankung.
Rezidiviertes Zervixkarzinom
Antikörper-Wirkstoff-Konjugat schlägt Chemotherapie
Bei Patientinnen mit rezidiviertem Zervixkarzinom verlängerte das Antikörper-Wirkstoff-Konjugat Tisotumab Vedotin in der Zweit- oder Drittlinientherapie sowohl das Gesamtüberleben als auch das progressionsfreie Überleben signifikant gegenüber einer Chemotherapie. Neue Sicherheitssignale gab es nicht.
Psoriasis
Übergewicht und Rauchen beeinflussen den Therapieerfolg
Die chronisch-entzündliche Psoriasis lässt sich in vielen Fällen erfolgreich mit Biologika behandeln, die gezielt Komponenten des Immunsystems hemmen. Verschiedene Studien deuten jedoch darauf hin, dass klinische Charakteristika wie die frühere Behandlung mit Biologika, Komorbidität oder Lebensstilfaktoren den Behandlungserfolg beeinflussen können. In einer Metaanalyse von 40 Studien wurde dieser Zusammenhang nun systematisch untersucht.
Primäre Hypertonie
Epilepsierisiko unter Angiotensin-Rezeptorantagonisten reduziert
Frühere Studien weisen darauf hin, dass die Anwendung von Angiotensin-Rezeptorantagonisten im Vergleich zu anderen blutdrucksenkenden Arzneimitteln mit einem geringeren Risiko für das Auftreten einer Epilepsie verbunden sein könnte. Beobachtungsdaten aus den USA gibt es jedoch nicht. US-Forscher setzten sich darum das Ziel, dieser möglichen Assoziation weiter auf den Grund zu gehen.
Zweitlinientherapie bei Diabetes mellitus Typ 2
Natrium-Glucose-Cotransporter-2-Inhibitoren vs. Sulfonylharnstoffe – Was schützt vor Gicht?
Natrium-Glucose-Cotransporter-2-Inhibitoren (SGLT2-i) stellen eine Substanzklasse mit vielfältigen Effekten zur Therapie des Diabetes mellitus Typ 2 (T2D) dar. So gibt es Hinweise auf gichtschützende Effekte von SGLT2-i. Daher wurde in einer populationsbasierten Kohortenstudie bei Menschen aus Kanada mit T2D das Risiko für Gicht und die Häufigkeit von Gichtanfällen nach Beginn einer Zweitlinientherapie mit SGLT2-i im Vergleich zum Therapiestart mit Sulfonylharnstoffen untersucht.
ALK-positives nichtkleinzelliges Bronchialkarzinom (NSCLC)
Medianes PFS unter Lorlatinib nach fünf Jahren noch nicht erreicht
Während der ASCO-Jahrestagung 2024 wurden die aktualisierten Ergebnisse der CROWN-Studie vorgestellt. Es zeigte sich, dass bei Patienten mit fortgeschrittenem ALK-positivem NSCLC, die mit Lorlatinib behandelt wurden, das mediane progressionsfreie Überleben (mPFS) nach fünf Jahren noch nicht erreicht war.
Onkologie
PD-1-Antikörper Tislelizumab bei Lungen- und Ösophaguskarzinomen
Tislelizumab ist ein gegen PD-1 gerichteter humanisierter monoklonaler Antikörper. Er ist in der EU bereits zur Behandlung verschiedener solider Tumoren und hämatologischer Krebserkrankungen zugelassen, jetzt folgt die Markteinführung in Deutschland. Anlässlich dessen stellte der Hersteller BeiGene beim European Society for Medical Oncology (ESMO) Gastrointestinal Cancer Congress 2024 die Studiendaten zu Tislelizumab vor.
IDH1/2-mutierte Gliome
„Das Gehirn redet mit den Tumorzellen“
IDH1/2-mutierte Gliome zeichnen sich im Vergleich zum sehr viel bösartigeren Glioblastom durch eine recht günstige Prognose aus. Heilbar sind sie dennoch nicht. Im Rahmen der „Servier Medien-Akademie“ erläuterte Prof. Dr. med. Wolfgang Wick, Heidelberg, den aktuellen Stand zu Diagnostik und Therapie dieser niedergradigen Gliome.
DOAK-assoziierte Blutungen
ANNEXa-I-Studie: Hämostatische Wirksamkeit von Andexanet alfa bei intrakraniellen Blutungen
Im Frühjahr 2019 wurde Andexanet alfa zur Behandlung schwerwiegender DOAK-assoziierter Blutungen zugelassen. In einer Pressekonferenz der Firma AstraZeneca stellten Prof. Dr. med. Roland Veltkamp, Essen, und Prof. Dr. med. Marc Maegele, Köln-Merheim, die aktuelle Studienlage sowie die Praxisrelevanz des Wirkstoffs vor.